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Kolumne Merkel oder Schiffer?

Von Heinz Kurtzbach 13.01.2011, 04:24

Man kennt das: Es gibt Tage, da sollte man am besten gar nicht erst aufstehen, es bringt eh nur Verdruss. Einfach liegenbleiben, davon träumen, dass Schalke Meister wird oder von etwas anderem Schönen – von der Ehefrau zum Beispiel. Aber von welcher? Von jener, die Angela Merkel ähnlich ist, oder von jener, die eher Claudia Schiffer näher kommt? Oder von beiden?

Man ist völlig verunsichert, seit man lesen musste, was der Franzose Alain-Xavier Wurst in seinem Buch "Zur Sache, Chérie" über die deutschen Frauen schreibt. Der Mensch von jenseits des Rheins befand: Deutsche Frauen sind eine Mischung aus Angela Merkel und Claudia Schiffer – groß, blond, schön und unsexy und können nicht flirten. Unsexy! Unsere Frauen! Der Typ kann froh sein, dass wir alle Europäer sind, Mitglied in der EU, der NATO, der UNO, den Euro haben und im 21. Jahrhundert leben – früher hat so etwas zu Kriegen geführt. Unsexy! Aber immerhin – man kommt ins Grübeln. Ist meine Frau nun eher der Typ Merkel oder Typ Schiffer? Oder stellt sie die Mischform dar? Ich möchte mich da am liebsten nicht festlegen. Kann die Frau Merkel besser flirten – wie man weiß, macht Macht sexy – oder doch Frau Schiffer, die Erfahrungen in Paris gesammelt hat? Man weiß es nicht.

Unwissenheit allenthalben, aber man ahnt, dass dieser Franzose mit seiner Verzweiflung über die flirtunfähigen Deutschen ja so ein klitzekleines bisschen Recht hat. Schlimme Dinge – erzählt er in einem Interview– musste er erleben: Da war er mit einer hübschen Deutschen auf dem besten Flirtwege, als die aufsprang und sich die Zähne putzte. Zähne putzen beim Flirten! Das geht ja nun gar nicht. Und auf die Frage: "An welchem Punkt versagt die deutsche Frau?" Musste er betrübt antworten: "Schon am Anfang. Sie sieht den Flirt als Angriff. Sie denkt: Was will der? Sie denkt: Hä?" Also: "Hä!" Wirklich, unsexier geht’s nicht.

Und was rät der Franzose der deutschen Frau? Locker bleiben! Die deutsche Schwermut mal vergessen. Mit deutschen Tugenden, sagt Alain-Xavier, kann man prima Autos bauen – aber flirten? Dabei ist das Leben doch schön! Flirten macht Spaß! Vor allem: Kein "Hä?" Die deutsche Frau mag trösten, dass der deutsche Mann nicht besser wegkommt. "Was ist eigentlich mit dem deutschen Mann?", fragt der Interviewer. Man ahnt es: Mit dem ist rein flirttechnisch auch nichts los. "Der deutsche Mann", sagt der Franzose, "lädt die Frau zum Fußballschauen ein – und schaut Fußball!" Ein klassisches deutsches Eigentor.

Bei so viel Tristesse hilft nur ein Besinnungsspaziergang ins "Sportlereck". Horst hinter dem Tresen weiß Rat in allen Lebenslagen. Horst zapft Pils, und man fragt sich, was für ein Typ seine Lilo ist. Merkel oder Schiffer? Und wie flirtet Lilo? "Sag mal", frage ich Horst, "was ist denn die Lilo für ein Typ – Merkel oder Schiffer?" Horst hält im Zapfen inne und fragt zurück: "Hä?" Nein, das glaube ich nicht und schildere ihm die Probleme des Alain-Xavier Wurst aus Frankreich. Horst sieht mich an, als wär’s nun endlich mit mir so weit. "Erzähl nicht so einen Quatsch", sagt er. Merkel, Schiffer und die hohe Kunst des Flirts – sie sind ihm offensichtlich wurscht, die Sorgen des Monsieur Wurst.

Horst‘s Lilo ist groß, blond, schön und – sexy. Eine Frau zum Flirten. Aber Horst steht auf Schalke. Schade eigentlich; schade, dass er Recht hat, der Alain-Xavier Wurst – zumindest was Horst angeht, den Horst vom "Sportlereck".