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Von F.-René Braune Krokettenschwindel oder: Wie man feministriert

03.02.2011, 04:26

Vor zwei Tagen war mein Freund Harald bei mir eingezogen, weil seine Heizung kaputt ist. Ich hatte die Hoffnung, dass dieser Aufenthalt möglichst sehr vorübergehend sein würde, aber nicht die geringste Ahnung, wie schnell sie von meinem Freund gemeuchelt werden sollte.

Es war Sonnabend und ich hatte für uns wieder einmal den Frühstückstisch gedeckt, als er in Pantoffeln und Bademantel gewandet die Küche betrat und seinen trüben Blick über den Tisch schweifen ließ. "Was denn", fragte er, "keine frischen Blumen?"

Während ich diese grundlegende Kritik noch gelassen hinnahm, ließen Haralds nächste Sätze meinen Atem stocken: "Du wirst sicher auf das Unbändigste frohlocken, wenn ich dir sage, dass ich etwas länger bei dir wohnen werde, weil die bestellte Heizungsfirma wegen eines Wasserschadens Insolvenz angemeldet hat. Einige Wochen werde ich zum Sondieren neuer Angebote schon brauchen."

Während mein Gesicht und jeder Gedanke an eine lebenswerte Zukunft nach und nach versteinerten, legte mir der Bursche seine rechte Hand auf die Schulter und bot mir eine fünfprozentige Beteiligung an meinen Heizungskosten an, schließlich würden die bei ihm ja gerade wegfallen. Während ich immer noch mit meiner Sprachlosigkeit kämpfte, ließ mich der Bursche wissen, dass er zum Abendbrot gern ein Schnitzel mit Pommes essen würde. "Aber diesmal richtige Fritten", hörte ich, "und nicht wieder diese fettreduzierten französischen Kartoffelschnitzereien wie gestern, das war ja der reinste Krokettenschwindel."

Dass es mit Harald nicht leicht werden würde, war mir schon vor seinem Umzug klar, das Wort "unmöglich" aber kam mir erst jetzt in den Sinn. Wenn ich überleben wollte, blieb mir nur die schonungslose Wahrheit. Ich nahm all meine Kraft zusammen und stellte ein energisches "So nicht!" in den Raum. "Ich werde mich nicht zum Sklaven deiner Trägheit machen, nicht zum Fußabtreter deiner fehlgelenkten Männlichkeit. Entweder sind wir Gleiche unter Gleichen, und zwar gleich, oder du kannst auf dem Rasen schlafen. Ein Zelt hab ich noch auf dem Boden. Und jetzt räum’ gefälligst dein Zimmer auf, im Wohnzimmer muss gesaugt werden und der Einkaufszettel ist auch schon fertig."

Ich wandte mich meinem Ei zu und blickte gleichermaßen gespannt wie unauffällig auf meinen Freund. Seine Reaktion erstaunte mich erneut: "Alles klar, aber einen Versuch war es wert. Geht das mit dem verlängerten Aufenthalt bei dir in Ordnung?"

Irgendwie verstand ich die Welt nicht mehr, hob die Schultern und blickte den Burschen mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. Harald lächelte und begann zu erklären, dass es nun mal in der Natur des Mannes läge, die Vorherrschaft anzustreben. Das sei genetisch bedingt und würde bei den meisten Ehen auch ganz gut funktionieren. Schließlich stecke im Wort feminin der Wortstamm von ministrieren, was wiederum dienen bedeuten würde. Womit die Rollenverteilung bei Ehepartnern klar sei. Haralds nächster Satz ließ mich dann schon wieder lächeln: "Ich wollte dich zur Frau machen, was soll daran falsch sein?"

Als ich Harald zwei Stunden später anwies, weder Kroketten noch Pommes, sondern festkochende Kartoffeln zu kaufen, bewies seine Antwort, welch gute Freunde wir doch waren: "Weichkochend würde besser zu dir passen."