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Ausstellung in Berlin zeigt die jüdische Farbe im Comic Als Superman Hitler entführte und die Deutschen besiegte

06.05.2010, 05:16

Es ist ein "big job", den Superman in dieser Episode erledigen muss: Er schlägt die deutschen Truppen, entführt Hitler und Stalin und bringt beide vor den Völkerbund nach Genf, wo sie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden. Im Juni 1938 veröffentlichten Jerry Siegel und Joe Shuster diesen weltbekannten Comicstrip, der auch in der Ausstellung "Helden, Freaks und Super- rabbis" im Jüdischen Museum in Berlin zu sehen ist.

Von Barbara Schneider

Berlin (epd). "Bisher ist wenig bekannt, dass Juden einen so großen Beitrag zur Entwicklung des Comics geleistet haben", sagt die Projektleiterin des Jüdischen Museums, Margret Kampmeyer-Käding. In der Ausstellung sind große Namen der Comic-Welt versammelt: Robert Crumb, der den sexistischen Kater Fritz the Cat zeichnete, ist darunter, und der Zeichner Al Feldstein, späterer Herausgeber der Satirezeitschrift MAD. Will Eisner, Vorreiter des Comic-Romans, ebenso wie Zuni Maud, einer der ersten jüdischen Comic-Zeichner Anfang des 20. Jahrhunderts.

Und selbstverständlich fehlt auch Art Spiegelman nicht, Sohn polnischer Holocaust-Überlebender, der für seine Graphic Novel "Maus" 1992 den Pulitzerpreis erhielt.

Für die Präsentation, die bereits in Paris, Amsterdam und Frankfurt am Main gezeigt wurde, hat das Jüdische Museum einen begehbaren Comicstrip nachgebaut, der sich auf 500 Quadratmetern mit Falten und Knicks dreidimensional durch die Räume schlingt. Eingelassen in den Streifen sind alle 400 Exponate, darunter rund 220 Originalzeichnungen. Chronologisch wird dabei die Geschichte des jüdischen Comics nacherzählt.

"Anders als in Frankreich müssen in Deutschland die Hauptakteure des Comics eingeführt werden", sagt Kampmeyer-Käding. Und so spannt die Ausstellung einen Bogen von den ersten Comicstrips Ende des 19. Jahrhunderts über die Superhelden der 30er und 40er Jahre und die Undergroundbewegung bis hin zu den Graphic Novels aus jüngster Zeit.

Vorgestellt werden zunächst die Werke jüdischer Einwanderer, die vornehmlich aus Osteuropa Anfang des 20. Jahrhunderts nach Amerika kamen. "Die ganze Comicszene antwortete auf die Situation in New York als große Migrantenmetropole", sagt Ausstellungsmacherin Anne Hélène Hoog vom Musée d‘ art et d`histoire du Judaïsme in Paris. Entstanden sind in jener Zeit "Antihelden", unfähig, sich mit der Wirklichkeit abzufinden, schwankend zwischen alter und neuer Kultur. "Comic des Versagens", nennt Hoog das.

Die Auseinandersetzung mit jüdischer Identität ist ein durchgängiges Thema der Ausstellung. Häufig schwingt es nur im Subtext der Bilderreihen und im Verhalten und Denken der Figuren mit.

Nazi-Zeit und Holocaust stehen im Mittelpunkt

Die Satirezeitschrift MAD etwa spielte von Anfang an mit jiddischen Begriffen und ethisch gefärbten Witzen. Erst die Underground-Künstler der späten 60er und 70er Jahre thematisierten offen ihre jüdische Herkunft.

Immer wieder stehen Nazi-Zeit und Holocaust im Mittelpunkt des Comicschaffens: Schon in den 30er Jahren kämpfen die Superhelden gegen die Hitler-Diktatur. In "Master Race" erzählt später Bernard Krigstein die Verfolgung eines ehemaligen KZ-Insassen in der New Yorker U-Bahn. Und schließlich ist es Spiegelmans zweibändige Erzählung über die Lebensgeschichte seiner Eltern, in der das Trauma der NS-Zeit aufgearbeitet wird.

Der jüdische Comic bleibt nicht unpolitisch. Deutlich machen das die vom Verleger Bill Gaines in den 50er Jahren auf den Markt gebrachten Schock-, Horror- und Kriegsromane, die US-amerikanischen Antisemitismus, aber auch Konflikte wie den Koreakrieg thematisieren. So blutig und brutal, dass 1954 ein Senatsunterausschuss mit dem "Comics Code" Vorgaben zur Selbstkontrolle verabschiedet.

Die Ausstellung endet mit jüngsten Werken jüdischer Künstler: Nach dem Anschlag auf das World Trade Center veröffentlichte etwa die Wochenzeitung "Die Zeit" den Comic "Im Schatten zweier Türme" von Art Spiegelman. Gezeigt werden zudem Zeichnungen israelischer Künstler, darunter der 1963 geborene Uri Fink, einer der bekanntesten Comiczeichner des Landes. Inspiriert von dem berühmten Vorbild Superman schuf er mit 15 Jahren den "Sabraman". Der israelische Superheld mit Davidstern und blauer Kapuze blieb jedoch nur eine kurze Episode der Comic-Geschichte.

Die Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin ist bis 8. August montags von 10 bis 22 Uhr und dienstags bis sonntags von 10 bis 20 Uhr zu sehen.