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August Zirner liest zu Telemann-Festtagen "Ich wusste nicht von seiner Liebe zur Sprache"

06.03.2010, 04:49

Georg Philipp Telemann hat das Musikleben seiner Zeit mitbestimmt. Dass er aber auch literarisch aktiv war, ist weniger bekannt. Zu den Telemann-Festtagen wird deshalb nicht nur musiziert, sondern bei " Lesart " auch Texte des Komponisten vorgestellt. August Zirner liest am 14. März in Magdeburg ( 16 Uhr, Gesellschaftshaus ) Auszüge aus Telemanns autobiografischen Arbeiten. Grit Warnat hat mit dem gefragten Film- und Theaterschauspieler gesprochen.

Volksstimme : Herr Zirner, der Zuschauer kennt Sie als Schauspieler aus Filmen wie " Contergan ", " Wut ", " Berlin 36 ", " Die Fälscher ". Sie sind Hörbuch-Sprecher, lesen deutsche Passagen bei Veranstaltungen mit ausländischen Schriftstellern. Doch Texte von Telemann sind sicherlich Neuland für Sie ?

August Zirner : Seine Texte schon, aber Telemanns Musik nicht. Ich habe als Kind sehr viel Telemann auf der Flöte gespielt, da er in der Schulmusik sehr häufig vorkommt. Aber ich hatte keine Ahnung von der komplexen Figur Telemann und von der Vielfalt seiner Kompositionen. Ich hatte auch nicht von seiner Liebe zur Sprache, zur Dichtung gewusst. Aber letzten Endes ist ja Musik auch eine Art Dichtung. Interessant für mich ist auch immer die Frage, wo fängt Musik an, wo hört die Sprache auf.

Volksstimme : Welches Bild hatten Sie von Telemann ?

Zirner : Ich kannte nur seine Musik, ich wusste nichts über seine Person. Vor Augen hatte ich immer nur dieses barocke, nicht gerade sympathische Bild mit der Perücke. Durch das Vertiefen in die Texte bin ich ihm etwas näher gekommen, aber ich weiß immer noch nicht, wie er war. Er lässt sich nicht ganz in die Seele blicken. Das hat aber auch seinen Reiz.

Volksstimme : Das Telemann-Zentrum hat für die Veranstaltung auch ein Gedicht ausgesucht, das Telemann auf seine erste Frau geschrieben hatte, die im Kindbett verstorben war. Was haben Sie beim erstmaligen Lesen empfunden ?

Zirner : Ich glaube, es war seine große Liebe, die er ein ganzes Leben in sich getragen hat. Und dieses Gedicht zeigt sehr deutlich, dass Trauer auch etwas mit Liebe zu tun hat.

Volksstimme : Die Texte von Telemann sind also doch nicht nur trockene Kost ?

Zirner : Es ist schon eher trockene Kost. Deshalb hatte ich die Idee, Musik mit einzubauen, dachte erst an die klassische Konstellation Cembalo und Flöte. Inspiriert von Telemanns Trauergedicht habe ich mich für Geige und Flöte entschieden. Das passt auch hervorragend, weil die Frau sozusagen die Geige ist, der Mann die Flöte. Telemann hat ja auch Flöte gespielt. Ich wollte schon das Telemann-Bild in mehreren Facetten zeigen – sprachlich und musikalisch.

Volksstimme : Sie werden zur Lesung auch das Spiel auf der Flöte übernehmen ?

Zirner : Natürlich. Obwohl Telemann-Musik für mich heute ungewohnt ist. Ich spiele hauptsächlich Jazz und bin mit dem Programm " Diagnose : Jazz " in Deutschland unterwegs, werde Ende März in der Berliner " Bar jeder Vernunft " auftreten und würde auch gern nach Magdeburg kommen.

" Diagnose : Jazz " ist übrigens auch eine Geschichte in Wort und Ton. Weil der Atem, der durch die Sprache geht, auch der Atem ist, der durch die Flöte geht. So wird es auch bei Telemann sein.

www. telemann. org