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Magdeburger Kultserie "Olvenstedt probiert\'s" ging im Forum Gestaltung in die 18. Runde Köstliche Situationskomik am Ehlestrand

Von Rolf-Dietmar Schmidt 03.08.2012, 03:16

Zum 18 . Mal hat\'s Olvenstedt probiert - erneut im Innenhof des "Forums Gestaltung" in der Brandenburger Straße in Magdeburg. Nachdem alle großen Klassiker bereits "dran glauben" mussten, widmete sich das Sommertheater das erste Mal mit der "West Side Story" dem Musical.

Magdeburg l Um es gleich vorwegzunehmen: Das angestammte Publikum der Kult-Theaterserie feierte seine Granden vom Ehlestrand frenetisch.

Für alle, die "Olvenstedt probiert´s" noch nie gesehen haben: Der Ablauf dieses Sommertheaters ist fast immer gleich. Man hat am Strand der schönen Ehle vor den Toren Magdeburgs die Zelte aufgebaut und genießt den Tag vom Aufziehen der FCM-Fahne vom Morgen an bei Bier und Kräuterlikör. Dann zieht mit Sebastian Wiese (Gerald Fiedler), der davon träumt, einmal Regisseur zu sein, die Kultur ein.

Er arrangiert ein Stück - diesmal die West Side Story - bringt die Männer um die von allen verehrte charmant-erotische Beate (Susanne Bard) dazu, die Handlung sehr frei adaptiert zu spielen. Bei der Aufteilung der Rollen, die meist überhaupt nicht mit den Vorstellungen der Akteure übereinstimmt, entsteht ungeheuer viel Situationskomik, die vom Magdeburger Stückautor Dirk Heidicke mit spitzer Feder und sehr viel Lokalkolorit den Granden vom Ehlestrand auf den Leib geschrieben sind. Und in der Tat ist der Inhalt auch gar nicht so wichtig, denn erfrischenderweise werden im Publikum sitzende Stadtprominente direkt angesprochen, wenn beispielsweise Basti Kulturbeigeordneter der Stadt Magdeburg werden will und schon mal die Generalintendanz des Theaters verteilt.

Die Mannen um Joachim Sommer, kurz Achim, im richtigen Leben Michael Günther Bard, die so treffend Fränki (Mathias Hermann), Hagen (Eckhard Doblies) oder Torte (ebenfalls Mathias Hermann) heißen, bilden den harten und trinkfesten Kern. Nicht minder bedeutsam für die Kultstücke sind die Magdeburger Originale Maik Manhartsberger als Tacho, Falko Graf als Appel oder Jörg Richter als Banane. Es ist ganz typisch für "Olvenstedt probiert´s", dass mit den Jahren die Kinder der Protagonisten oder Freunde eine Rolle bekommen. So vergrößert sich die Familie der Ehleangler. Mit ihnen fühlt sich das Publikum wie in einer großen Familie verbunden.

Zum Schluss singt das gesamte Publikum mit

Ein solches Sommertheater kann man nicht erfinden, das kann nur aus dem Inneren der hier Lebenden entstehen und dann wachsen. Bei "Olvenstedt probiert´s" war das so. Da wundert es nicht, dass ganz selbstverständlich zum Schluss das gesamte Publikum zusammen mit den Schauspielern "Ist denn die Elbe immer noch dieselbe" schmettert. Man spürt sehr viel von der Magdeburger Identität, die es angeblich nicht gibt.

Der so sehr bemühte und von seinen Mitspielern immer wieder ausgebremste Regisseur hat alle Mühe zu verhindern, dass seine Beate ihre gesanglichen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Doch ein Musical ohne Gesang? Mit einem Kunstgriff geht es dann doch. Susanne Bard taucht nun nicht als Beate, sondern als Susanne Bard aus dem Balkon auf, um ihr "Somewhere" zu hauchen. Als Einspielung wird das zu "Beate" umgedichtete "Maria" von dem bekannten Tenor Peter Diebschlag gesungen. Da kommen selbst den hartgesottenen Ehleanglern die Tränen.

"Olvenstedt probiert´s" ist doppeldeutig. In der Trabantenstadt am Rande Magdeburgs hat man probiert, aus dem Schatten zu treten und den Fokus auf die dort lebenden Menschen zu richten. Und die Akteure probieren immer wieder neue Stücke ohne jeden Respekt vor großen Namen. Dieses Probieren und sich Ausprobieren lässt ihnen die Herzen des Publikums zufliegen. Möge das lange erhalten bleiben.