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Vor 50 Jahren starb der Verleger Ernst Rowohlt Arnold Zweig und Franz Kafka waren seine ersten Autoren

27.11.2010, 04:13

"Er ist ein wilder Gesell, aber nobel", attestierte der Politikwissenschaftler Theodor Eschenburg dem Verleger Ernst Rowohlt. "Gebt mir doch bitte einen Doppelbock, dann schlaf ich besser ein", sollen seine letzte Worte im Krankenbett gewesen sein, erinnerte sich der nationalistische Ernst von Salomon, der ebenso wie Franz Kafka und Kurt Tucholsky zu den Rowohlt-Autoren zählte. Vor 50 Jahren, am 1. Dezember 1960, starb der Gründer des Rowohlt-Verlages in einem Hamburger Krankenhaus.

Von Claudia Schülke

Frankfurt a.M. (epd). Am 23. Juni 1887 in Bremen geboren, sollte der rotblonde Hüne eigentlich ins Geschäft seines Vaters einsteigen, der als Fonds- und Effektenhändler an der Bremer Börse ins Großbürgertum aufgestiegen war. Aber die Lehre im Bremer Bankhaus Plump langweilte ihn. Er machte lieber Schulden in den elegantesten Buchhandlungen der Hansestadt. Vater Heinrich beglich sie, Mutter Anna Dorothea führte ihren Sohn bei ihrem alten Schulfreund Anton Kippenberg ein, der inzwischen den Insel-Verlag in Leipzig leitete.

Dieser nahm Ernst unter seine Fittiche und vermittelte ihm zunächst ein Volontariat in der Druckerei Breitkopf und Härtel. Nach zwei Stippvisiten in Münchner und Pariser Buchhandlungen kehrte der Zögling 1908 in die deutsche Buchmetropole zurück und gründete mit Kurt Wolff als Investor einen Verlag. Georg Heym, Franz Kafka und Arnold Zweig gehörten zu seinen ersten Autoren. Zudem machte Rowohlt mit bibliophilen Ausgaben klassischer Autoren auf sich aufmerksam.

Nach Unstimmigkeiten zwischen den Partnern erwarb Wolff 1912 sämtliche Autorenrechte, Rowohlt wechselte als Prokurist zu Samuel Fischer in Berlin, wo er sich den letzten Schliff holte. Dann zog er mit der ganzen Begeisterung seiner Generation in den Ersten Weltkrieg. 1919 gründete er in Berlin seinen zweiten Verlag. Walter Hasenclever und Walter Benjamin, Else Lasker-Schüler und Mascha Kaléko, Alfred Polgar und Robert Walser füllten mit ihren Werken die Verlagskataloge. Kurt Tucholsky ließ sich vom Verleger zu seinem Roman "Schloß Gripsholm" anregen. "Nicht zu umfangreich, zart im Gefühl, kartoniert", wollte ihn Rowohlt haben und behielt recht. Der Liebesroman wurde zu Tucholskys meistverkauftem Buch.

Nachdem die Nazis die Macht übernommen hatten, wurde nahezu die Hälfte aller Rowohlt-Titel verboten, die Autoren verfolgt. Als der Verleger 1938 selbst Berufsverbot wegen "Tarnung jüdischer Schriftsteller" erhielt, schlüpfte er bei der Familie seiner dritten Frau in Brasilien unter.

Aber schon 1940 kehrte er als Matrose auf einem Blockadebrecher zurück. Damals soll sein Autor Erich Kästner gesagt haben: "Die Ratten betreten das sinkende Schiff." Bis 1943 hat Rowohlt in der Wehrmacht gekämpft, zuletzt dann im Volkssturm an der östlichen Stadtgrenze Berlins.

Dennoch bekam der Verlag 1946 von den westlichen Alliierten eine Lizenz. In Stuttgart ließ Rowohlt moderne Klassiker – darunter John Steinbeck, Ernest Hemingway und "Das siebte Kreuz" von Anna Seghers – im Rotationsverfahren auf Zeitungspapier drucken: Rowohlt-Rotations-Romane wurden unter dem Kürzel "rororo" berühmt. 1950 machte er, mittlerweile in Hamburg, auch Taschenbücher nach US-amerikanischem Vorbild auf dem deutschen Buchmarkt konkurrenzfähig.

Mehr und mehr übergab Rowohlt nun die Verlagsgeschäfte seinem ältesten Sohn Heinrich Maria Ledig-Rowohlt. Sein Sohn aus vierter Ehe, Harry Rowohlt, wurde Übersetzer und Schriftsteller. "Bücher verlegen ist eine fast noch närrischere Betätigung als Bücher schreiben", soll der "Panchaotiker", wie er sich selbst nannte, gesagt haben. Bei der Suche nach einem verlegten Manuskript hat ihn ein Herzschlag getroffen. Rowohlt wurde auf dem Friedhof in Hamburg-Volksdorf beigesetzt.