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Kulturhauptstadt Plowdiw zelebriert seinen Kultur-Mix

Plowdiw ist 2019 das, was Magdeburg 2025 sein will - das bulgarische Städtchen rückt als Kulturhauptstadt in den europäischen Blickpunkt.

Von Steffen Honig 05.01.2019, 00:01

Magdeburg/Plowdiw l Den ersten Sieg hatte Plowdiw schon eingefahren, als es die Hauptstadt Sofia im Rennen um den Titel der Kulturhauptstadt aus dem Felde schlug. Normalerweise kommt in Bulgarien erst die Kapitale, dann eine Weile nichts und dann alles andere.

Nun also muss die mit gut 340  000 Einwohnern zweitgrößte Stadt des Landes zeigen, dass sie zu Recht ausgewählt wurde. „Together“ – zusammen – ist das Motto der Kulturhauptstadt in Südbulgarien. Geschichte und Kultur bietet das im Sommer brüllendheiße Plowdiw im Übermaß.

Die Perle der Kulturmetropole, die einst auf sieben Hügeln errichtet wurde, ist die Altstadt. Hier finden sich architektonische Spuren der römischen Zeit ebenso wie die restaurierten historischen Villen der reichen Handelsherren Plowdiws.

Zwischen dem römischen Theater und dem Hotel Trimontium steigt am 12. Januar die Eröffnungsshow mit 1500 Akteuren aus dem In- und Ausland. Laut bulgarischem Rundfunk werden 60 .000 Zuschauer erwartet. Thema des Spektakels: Eine Chronik der 8000-jährigen Stadtgeschichte mit einem finalen Ausblick auf die Zukunft Plowdiws.

Die Stadt an den Ufern der Mariza ist Heimat mehrerer Völker – Bulgaren, Türken, Roma. Multi-Kultur ist nicht aufgesetzt, sondern wird seit Jahrhunderten gelebt. Diesen Zusammenhalt will Plowdiw als Kulturhauptstadt illustrieren und zelebrieren.

Wenn allerdings das bekannteste Altstadtviertel Kapana („Falle“) heißt, sollte Vorsicht geboten sein. Doch in diesem Fall sind die gewundenen Straßen und Gassen der Altstadt Namensgeber.

Obwohl sich die Einheimischen ihrer in Bulgarien einmaligen, mediterranen Lebensart rühmen – im Erscheinungsbild außerhalb des Stadtzentrums unterscheidet sich die Kulturmetropole 2019 nicht von anderen bulgarischen Großstädten wie Sofia, Burgas, Russe oder Warna mit den einförmigen, auswechselbaren Rand-Panoramen. Da sind die hingeklotzten Großsiedlungen, die in der Zeit des Staatssozialismus halfen, die Wohnungsnot im rückständigen Balkanland zu lindern.

Mit der politischen Wende nach 1989 begann in den ehedem homogenen Siedlungen eine scharfe soziale Spaltung. Bulgaren, die es sich leisten konnten, zogen in andere Viertel. Zurück bleiben die Roma, die großen Verlierer des gesellschaftlichen Umbruchs. Sie verloren als Erste ihre Jobs, so vorhanden.

Am östlichen Rand von Plowdiw wurde innerhalb weniger Jahre aus dem Beton-Quartier Stolipinovo die mit 45.000 Einwohnern größte Roma-Kommune auf dem gesamten Balkan. Geprägt durch Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Verwahrlosung. Auch die Reste der abgebrannten Tabakhallen sind mehr als unschön. Hatte doch der Tabakhandel die Stadt einst wohlhabend gemacht.

„Plowdiw wird seine Wunden nicht verdecken“ und will sie heilen“, erklärte Gina Kafedschijan von Stiftung Plovdiw 2019 im bulgarischen Radio. „Wir wollen die Probleme mit Hilfe der Kultur und Kunst lösen, sofern dies möglich ist.“ Wenn es geht, natürlich zusammen.