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Kunsthandel Versteigerung zur Kunstform erhoben

Mit einem kleinen Auktionsraum fing 1766 alles an. 250 Jahre später macht das Kunsthaus Christie’s Milliardenumsätze.

Von Anna Tomforde 23.07.2016, 23:01

London (dpa) l Christie’s, das traditionsreiche britische Auktionshaus, wird 250 Jahre alt. Schon Monate vor dem Jahrestag der allerersten Auktion, dem 5. Dezember 1766, haben die Feierlichkeiten begonnen.

Den Auftakt bildete eine Ausstellung von geliehenen Meisterwerken, die in den vergangenen 250 Jahren bei Christie’s versteigert wurden – von Holbein über John Constable bis zu Damien Hirst. Eine begleitende Auktion von rund 25 Werken spezifisch britischer Kunst erbrachte acht Weltrekorde, so Christie’s. „Wir haben uns bei der Auswahl daran orientiert, was Gründer James Christie wohl gewählt hätte, und das war offenbar ein Erfolg“, sagte Jussi Pylkkänen, Christie’s Global President.

Überhaupt, so Pylkkänen, weht der „innovative Geist“ des quirligen Schotten James Christie (1730-1803) noch heute durch die Firma, die mit einem weltweiten Netz von 2500 Angestellten einen Jahresumsatz von 4,8 Milliarden Pfund (5,7 Milliarden Euro) erzielt.

Damals wie heute gehe es hauptsächlich um den „Kulturaustausch“ und den Kontakt mit zeitgenössischen Künstlern. „Zu einer Zeit, als es so große Kunst-einrichtungen wie die Royal Academy (gegründet 1768) und die National Gallery (gegründet 1824) noch nicht gab, machte er das Auktionshaus zum Mittelpunkt des kulturellen Austauschs.

Firmengründer James Christie, dem bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch weitere drei Familienmitglieder gleichen Namens folgten, schwang 1766 in einem Auktionsraum unweit der heutigen Zentrale im Londoner Nobelviertel St James‘s erstmals den Hammer. Schweine, Hühner, Dung, seltene Vögel, Tulpenzwiebeln, Heuballen, Bettlaken, Federbett und ein speziell angefertigter Sarg zählten zu den Losen der ersten Versteigerungen. Schon ein Jahr später hatte der Schotte mit guten Beziehungen zur künstlerischen und intellektuellen Elite seiner Zeit das Angebot um Gemälde und Luxusobjekte erweitert.

Der Zugang zu hohen gesellschaftlichen und königlichen Kreisen von Frankreich bis Russland war garantiert. Gesellschaftliche und politische Verwerfungen spiegelten sich im Geschäft wider. Die Auflösung von Kunstbesitz nach den Wirren der Französischen Revolution von 1789 markierte für Christie’s eine neue Blütezeit, ebenso wie die Juwelenverkäufe der europäischen Aristokratie nach dem Ersten Weltkrieg. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hauptquartier von Christie’s in der King Street von deutschen Bombern getroffen. Das Archiv wurde teilweise zerstört, Kunstgüter waren ausgelagert. Erst zwölf Jahre später konnte Christie’s in das Gebäude zurückkehren.

Zu den Auktions-Glanzstücken der vergangenen 250 Jahre zählt ein Pferdegemälde von George Stubbs, das zwischen 1780 und 2011 viermal durch die Hände von Christie’s ging. Erst vor kurzem wurden Albert Einsteins Lederjacke und Taschenuhr zu Höchstpreisen versteigert. Der Verkauf eines Rubens-Gemäldes für fast 45 Millionen Pfund wurde zum Halbjahreshit.

James Christie wird nachgesagt, er habe die Auktion zur Kunstform erhoben. Das gilt laut Pylkkänen noch heute. „Es ist wie Theater, der Auktionator führt einen Monolog. Er ist, wie ein Schauspieler, auf seine Zuschauer angewiesen.“