1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Ruinen als Quelle der Inspiration

Kunststipendium Ruinen als Quelle der Inspiration

Andreas Köppe ist Winckelmann-Stipendiat der Kunststiftung Sachsen-Anhalt. Der Künstler im Interview mit Uta Baier.

03.06.2018, 23:01

Volksstimme: Warum haben Sie sich für das Winckelmann-Stipendium beworben?

Andreas Köppe: Ich fand es eine ideale Chance, meine Faszination für die griechische Antike im Bezug zu Winckelmann und zu den fruchtbaren Fehldeutungen und Interpretationen der Antike zum Thema einer neuen Arbeit machen zu können.

Wo kommt die Faszination für die griechische Antike her?

Das kann ich gar nicht genau sagen. Zu einem großen Teil aus dem Studium, aus dem Zeichenstudium; ich erinnere mich noch an Aufenthalte in der beeindruckenden Skulpturensammlung auf dem Dachboden des Robertinums der Martin-Luther-Universität in Halle, aber auch an die Auseinandersetzung mit Raum, Architektur und Atmosphäre an der Burg. Folge davon war eine Studienreise nach Sizilien zu den Überresten westgriechischer Städte und Tempel wie Selinunte, Morgantina und Segesta. Die Formen, die wir dort heute noch sehen können, und das, was dahinter steht, beschäftigen mich seitdem.

Was steht denn dahinter?

Ich meine die Kunstgeschichte, die Kulturgeschichte und die Ideale, die die Menschen damals hatten. Sowie die verschiedenen Wiederentdeckungen und Interpretationen dieser Epoche in nachfolgenden Zeiten bis heute.

Was fasziniert Sie konkret an der griechischen Antike? Die strengen Formen, das Weiße, von dem wir heute wissen, dass es farbig war?

Das auch, aber eigentlich das, was wir nicht wissen können. Es bleibt weiterhin ein großer Interpretationsspielraum, gerade auch mit Blick auf die heutige Zeit. Das finde ich spannend. Antike griechische Bauten sind von hoher Perfektion, aber heute meist Ruinen. Beides hat Künstler und Theoretiker fasziniert. Johann Joachim Winckelmann beschrieb das kurz und plakativ mit „Edle Einfalt, stille Größe“. Wie ist es bei Ihnen? Auch mich fasziniert die bildhauerische und architektonische Perfektion der Zeit der griechischen Demokratie. Die Schönheit der Architektur beruht auf der Schlichtheit und Logik der Bauteile und dem Bezug zur Landschaft, selbst deren überdauerte Reste sind (über jeden Zeitgeist) erhaben.

Womit haben Sie sich für das Winckelmann-Stipendium beworben?

Ich habe meine Bewerbung unter die Überschrift „Fruchtbarer Irrtum – Das Fragment als Katalysator der Phantasie – Die Ruine als Inspirationsquelle“ gestellt.

Das hört sich gut an. Aber was bedeutet es konkret?

Bei meinen Überlegungen geht es um die Wirkungen antiker und moderner Ruinen, halbfertiger Rohbauten, auch um Ruinen von Krieg und Terror und die ambivalenten Assoziationen, Emotionen und Schlussfolgerungen, die sich beim Betrachten oder „damit leben“ einstellen.

Sie sind Textilkünstler, Sie weben Bilder. Haben Ihre Vorhaben damit zu tun? Oder ist es ein Aufbruch in ganz neue Welten?

Ich würde das gar nicht so eingrenzen. So wie ich textile Kunst definiere, ist es nicht allein die Arbeit am Gewebe. Es geht darum, wie Flächen auf uns wirken, wie man mit Flächen Räume baut. Und wie Farben dabei wirken. Es geht um Proportionen, um Konturen, um Lichtführung, die mich schon sehr lange beschäftigen.

Viele Stipendiaten haben das Gefühl, sie müssten am Ende des Stipendiums auch etwas abliefern. Wie ist es bei Ihnen? Wollen Sie etwas Ausstellbares liefern?

Ich sehe das nicht als Pflicht. Ich sehe es als ganz normal an, dass ich etwas schaffe, wenn ich ein Arbeitsstipendium habe.