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Konzert Klassik im Plauderton

Bis zum 6. August ist Schloss Hundisburg ein musikalischer Schmelztiegel. Zur Halbzeit der SommerMusikAkademie gab es ein Gesprächskonzert.

Von Klaus-Peter Voigt 02.08.2017, 23:01

Haldensleben l Die Mischung könnte nicht kontrastreicher sein. Im alten Gemäuer der Schlossscheune von Hundisburg steht die Bühne für das Orchester auf Zeit. Extrem hohe Wände, grobe Steinmauern und grobe Holzbänke geben dem Raum ihr Gepräge. An klassische Musik mag man da kaum denken. Längst hat sich das Gebäude mit seinem spröden Charm etabliert. In ihm wird geprobt, und zwei der drei Abschlusskonzerte der Akademie finden an diesem Platz statt.

Das Publikum fühlt sich wohl, die Musiker nicht minder. Bereits zum 25. Mal belebt Kultur rund um das barocke Schloss eine ganze Region. Mit der SommerMusikAkademie findet keine elitäre Veranstaltung statt, die wenige Stunden die Öffentlichkeit sucht. Selbst eine der Proben hat sich zu einem interessanten Veranstaltungsformat entwickelt und lockt Zuhörer aus dem Umland an. Bei diesen Gesprächskonzerten erfahren sie Details zu den Stücken, die die Musiker des Orchesters auf Zeit gemeinsam einstudieren.

Johannes Klumpp, der künstlerische Leiter und Dirigent in Personalunion, gibt sich als unterhaltsamer Plauderer. Kurz­entschlossen wählte er gleich beide Stücke des Abschlusskonzerts, Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Symphonie Nr. 5 und das Klavierkonzert Nr. 2 von Johannes Brahms, für den Nachmittag aus. Kaum freie Plätze sind zu finden, bei kostenlosem Eintritt hat die Veranstaltung auch eine soziale Komponente. Unprätentiös greift Klumpp zum Taktstock. Für die jungen Leute an ihren Instrumenten gibt er seine Anweisungen in Englisch, fordert mit seinem Wechsel zwischen den einzelnen Sequenzen volle Konzentration. Brahms’ Klavierkonzert muss allerdings ohne Pianisten auskommen, und trotzdem funktioniert die Präsentation.

Der Komponist hatte es als „ganz ein kleines Konzert“ bezeichnet und doch gibt es sich recht opulent. Nach Brahms’ schwerster Niederlage in seinem Schaffen mit dem ersten Klavierkonzert brauchte er mehr als 20 Jahre für einen weiteren Versuch. Klumpp erläutert: „Das Ganze ist sehr kammermusikalisch angelegt, das Klavier steht zwischen den Bläsern und den Streichern, so dass der Pianist einen zentralen Platz einnimmt.“ Viele Überraschungen hält die Komposition bereit, der Dirigent nennt sie „ein Meisterwerk“. Mit seiner bildhaften Sprache bringt er es den Zuhörern nah: „Da klingt es, als ob Volksmusik mit der Unerbittlichkeit einer Dampfmaschine ringt.“

Tschaikowskis Symphonie erweist sich als regelrechter Kontrast zum Werk des Zeitgenossen Brahms. Die 5. des Russen gilt auch als dessen bekannteste. Das zyklische Thema, auch Schicksalsmelodie genannt, prägt alle vier Sätze. „Es sind tiefe Töne der Klarinette, mit denen Tschaikowski diese Assoziation schafft“, erzählt Klumpp. Und er ergänzt, dass eine Symphonie kaum depressiver als diese starten kann. Für ihn ist es ein Musterbeispiel dafür, wie sich ein Thema innerhalb eines Stückes weiterentwickeln kann, sich stellenweise extrem musikalisch verdichtet. Er will die Zuhörer nicht in ein Denkschema lenken. Für den Dirigenten gibt es kein richtig oder falsch, denn „Musik wird erst in der Seele komplett“. Diese Unaufdringlichkeit der Begleitung durch beide Werke kommt an. Dafür und für die Leistung der Nachwuchskünstler gibt es Szenenapplaus und reichlich Beifall zum Abschluss des Gesprächskonzerts, das Musik unterhaltsam und informativ zugleich näherbringt.