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MTV Video Musicwards Politik, nicht bloß Pop

Kämpferische Reden und düstere Auftritte: Dass die MTV Video Music Awards im Zeitalter von Donald Trump angekommen sind, wird deutlich.

Von Christian Fahrenbach 28.08.2017, 07:53

Los Angeles (dpa) l Kurz vor der Werbepause schaut Moderatorin Katy Perry in die Kamera und ruft die Zuschauer zu Hause zum Mitmachen auf: "Das ist eine Abstimmung, bei der es tatsächlich auf die Mehrheit der Stimmen ankommt, aber beeilt euch, bevor noch irgendein willkürlicher russischer Popstar den Preis bekommt!" Das Publikum der MTV Video Music Awards in Los Angeles am Sonntag johlt angesichts des Seitenhiebs auf Donald Trump und dessen Wahlniederlage in absoluten Stimmen gegen Hillary Clinton.

Perrys kleine Spitze ist nur eine von vielen Äußerungen mit klarer Haltung, die die Show in diesem Jahr prägen. In ihrer 34. Auflage sind die VMA im Aktivisten-Zeitgeist der Trump-Präsidentschaft angekommen: Die Hautfarben von Nominierten, Laudatoren und Preisträgern ist deutlich vielfältiger als bei den Oscars oder Grammys, statt nach Geschlechtern getrennten Preisen gibt es nur gemischte Kategorien, und mehr als die Hälfte der Redner nimmt Bezug auf ein gesellschaftliches Anliegen, das ihm oder ihr am Herzen liegt.

Am Kämpferischsten ist da wohl die Aussage von Schauspielerin Paris Jackson. Die Tochter des toten King of Pop ruft laut ins Publikum, wie sehr man "diesen Nazi-Weiße-Vorherrschafts-Trotteln" zeigen müsse, dass das Land "null Toleranz für Gewalt, Hass und Diskriminierung hat. Wir müssen Widerstand leisten!", sagt sie unter großem Applaus.

Andere Künstler nutzen ihre Zeit für ihre Herzensthemen: Sängerin Pink nimmt einen Preis für ihre seit über 15 Jahren andauernde Karriere entgegen und sagt im Namen ihrer kleinen Tochter Geschlechterklischees den Kampf an. Sängerin Alessia Cara wettert gegen Schönheitsideale bei Frauen, Sänger und Schauspieler Jared Leto gedenkt der Verstorbenen Chris Cornell von Soundgarden und Chester Bennington von Linkin Park. Rapper Logic singt beim darauffolgenden Auftritt mit Menschen, die einen Selbstmordversuch überlebt haben, von mehr Zusammenhalt, verbunden mit der Einblendung einer Telefonhotline für Suizidkandidaten.

Preise gibt es auch: Rapper Kendrick Lamar gewinnt den Award für das beste Video des Jahres für "Humble". Für den Song hatte er auch den Preis für das beste Hip-Hop-Video des Jahres bekommen. Der 30-Jährige hatte die Show mit einer aufwendigen Performance eingeläutet, bei der seine Tänzer ein brennendes Drahtgitter rauf und runter kletterten. Lamar ist mit sechs Preisen der Abräumer des Abends, im Kampf um den Titel als bester Künstler muss er sich jedoch dem Briten Ed Sheeran geschlagen geben. Bester neuer Künstler wird der R&B-Sänger Khalid.

Die im Vorfeld mit Spannung erwartete Video-Premiere der neuen Single von Tayler Swift geht dagegen während der Show eher unter. Für den mit ihrem eigenen Image spielenden Song hatte Swift zuvor bereits massiv Kritik bekommen, weil er sich in den Augen vieler Fans in Stil und Inszenierung zu stark bei Beyoncé Knowles bedient. Dennoch steht "Look What You Made Me Do" nur drei Stunden nach Ende der VMA bei Youtube bereits bei rund acht Millionen Klicks.

Zur Stimmung des Abends passte aber eher eine andere Entscheidung: Erstmals hatte MTV auch einen Preis in der Kategorie "Bester Kampf gegen das System" ausgelobt. Der Sender vergibt ihn an alle sechs Nominierten zu gleichen Teilen, darunter K'Naan und John Legend, die mit ihren Videos auf die Lage von Einwanderern in den USA aufmerksam machten.