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Naumburger Dom Mit Uta doch noch zum Welterbe?

In Naumburg steigt die Spannung. Wird der berühmte Dom nach langem Ringen nun doch Unesco-Welterbe?

Von Grit Warnat 23.06.2018, 01:01

Naumburg l Auf den Stühlen im Westchor sitzt eine Schulklasse. Die Mädchen und Jungen schauen hoch zu den Stifterfiguren und natürlich werden sie von der Domführerin gefragt, ob sie schon mal etwas von der Uta gehört haben, der Frau da oben neben Ekkehard. Die meisten Schüler schütteln verneinend die Köpfe. Nö. Die Zeiten scheinen vorbei, als jedes kreuzworträtselnde Kind die berühmte Stifterfigur mit den drei Buchstaben schnell eintragen konnte.

Doch die Figur der Markgräfin Uta, von der nicht viel bekannt ist, die aber immer wieder als schönste Frau des Mittelalters bezeichnet wird, und die weiteren Stifterfiguren neben ihr ziehen alljährlich Zehntausende Besucher an. Diese Gruppe ist etwas Besonderes. Der Naumburger Meister, der sie schuf, und der unbekannt blieb, hat den steinernen Damen und Herren ein Mienenspiel gegeben, auch Gesten und Haltungen zueinander. Im Begleitbuch zur 2011 veranstalteten Landesausstellung „Der Naumburger Meister“ wurde das als „eine einzigartige, in dieser Form nie wiederholte künstlerische Leistung“ beschrieben.

Eingebettet ist alles in die Architektur und die mittelalterlichen Glasfenster im Westchor. Das Kostbare, so betont mancher Experte, ist dieses bis 1250 entstandene Gesamtensemble.

Wird es die Unesco-Kommission auch so sehen? Man wagt den dritten Anlauf mit einem veränderten Antrag. Die Naumburger sind hartnäckig geblieben.

2015 war ein Tiefpunkt im Bewerbungsbestreben. Das offizielle Gutachten für die Unesco ließ kaum ein gutes Haar an der Bewerbung. Zu wissenschaftlich, zu kompliziert die ganze Bewerbung, die nicht nur auf den Dom, sondern auch auf die „hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut“ setzte. Man scheiterte mit dem Ansinnen.

Neuer Anlauf im letzten Jahr, neues Glück aber nicht (ganz). Eine weltweite Bedeutung der hochmittelalterlichen Kulturlandschaft an Saale und Unstrut hat das entscheidende Unesco-Gremium bei der Tagung 2017 im polnischen Krakow zwar nicht gesehen, aber Mut gemacht, wenn der Antrag sich auf den Dom allein beschränken würde. „Das Komitee hat den außerordentlich universellen Wert des Naumburger Domes anerkannt“, sagt Helga Heilig vom Förderverein Welterbe an Saale und Unstrut. Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) nannte diese Bewertung eine „glückliche Wendung“.

Im Januar 2018 nun wurde der auf den Dom fokussierte Antrag bei der Unesco in Paris eingereicht. Alles sei vollständig. Die formalen Anforderungen seien erfüllt, sagt Heilig.

Jetzt geht es also nur noch um den Dom und seine Architektur, die Stifterfiguren und die bedeutenden Glasfenster, die derzeit für 1,2 Millionen in einem der größten Restaurierungsprojekte in Deutschland für die Nachwelt fit gemacht werden.

Sind aller guten Dinge drei? „Hoffentlich“, sagt Holger Kunde, Direktor der Vereinigten Domstifter. Er wird in Bahrain dabei sein und fliegt mit viel Hoffnung im Gepäck in den Golfstaat.

„Wir gehen davon aus, dass der Antrag jetzt positiv beschieden wird“, sagt Kulturstaatssekretär Gunnar Schellenberger (CDU). Auch der Welterbeverein blickt voller Hoffnung auf den 30. Juni. Von der Staatskanzlei wie auch vom Verein reisen Vertreter nach Bahrain.

Der Welterbe-Titel, davon gehen die Vereinigten Domstifter aus, würde mehr Gäste locken. Die lagen schon mal bei 150.000, gar 168.000 pro Jahr. Jetzt strömen die Touristen immer noch, aber es sind eben nicht mehr ganz so viele. 130.000 werden jährlich gezählt. Man möchte gern an die guten alten Gästezahlen anknüpfen.

Er würde auch eine Menge Arbeit bedeuten, vor allem eine andere Logistik, sagt Stiftsdirektor Kunde. Pläne gibt es bereits. Ein Welterbezentrum vis à vis vom Dom ist angedacht. Dort befindet sich die ehemalige Bischofskurie, sie könnte saniert und als Besucherzen­trum mit Servicebereich eingerichtet werden. Die Ideen dazu sind schon gewachsen, zwei Arbeitsgruppen gibt es und Überlegungen, wie nicht nur der Dom Naumburg, sondern auch die Kulturlandschaft des Saale-Unstrut-Gebietes präsentiert werden könnte. Fakt ist aber: Ohne Titel kein Welterbezentrum.

Ein Countdown wie zuletzt, ein größeres Fest, Hunderte Welterbe-Ballons, so etwas ist dieses Mal nicht geplant, heißt es aus dem Rathaus. Ist doch die Sorge zu groß, dass es wieder nicht klappen könnte?

Egal, wie die Entscheidung ausfällt: Die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz laden gemeinsam mit der Stadt Naumburg, dem Burgenlandkreis, dem Welterbe-Förderverein und der Evangelischen Kirchengemeinde Naumburg ein, den Dom zu besuchen. Am 1. Juli, dem Tag nach der Entscheidung, ist der Eintritt kostenfrei. Statements sind angekündigt, ebenso eine Pressekonferenz am 4. Juli. Dann ist die Delegation aus Bahrain zurück – vielleicht ja mit strahlenden Gesichtern.