1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Kochen wie bei Luthers

Sachbuch Kochen wie bei Luthers

Im Haushalt der Familie Luther war der Tisch reich gedeckt. In einem Buch kann man nun einige Rezepte nachlesen.

30.07.2017, 23:01

Wittenberg (dpa) l Gebratener Hering mit Senf, dazu ein Aufstrich aus kalten Erbsen? Als Speise für einen Kranken klingt das zumindest gewöhnungsbedürftig. Der Reformator Martin Luther (1483–1546) schwärmte – auch gegen den ausdrücklichen Rat seiner Ärzte – von dieser Speise. Nur sie helfe ihm, gesund zu werden, beharrte er. Von seiner „Erzköchin“, wie er seine Frau Katharina von Bora (1499–1552) neckte, war Luther das Gericht gewohnt.

Dank seiner Gattin lief der Haushalt wie am Schnürchen. Die einstige Nonne hätte auch heute gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt: Als erfolgreiche Managerin eines kleinen Unternehmens, erfahren in der Menschenführung und der Lösung schwieriger finanzieller Situationen. „Sie hielt den Familienbetrieb Luther am Laufen, hat ihn couragiert und mit Erfolg geleitet“, sagt die Autorin Regina Röhner.

In ihrem neu erschienen Buch „Zu Gast bei der Lutherin. Die Kochkunst der Katharina von Bora“ spürt sie den damaligen Essgewohnheiten nach. Die einstige Nonne verließ 1523 das Kloster in Nimbschen (Sachsen) und heiratete 1525 den Theologen. Das Paar hatte sechs Kinder.Im einstigen Wohnhaus des Reformators und seiner Familie in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) – heute ein Museum – entstanden die Leibspeisen für Luther. „Deftig, mit sehr viel Fleisch, viel Gänsefleisch wurde aufgetafelt“, sagt der Historiker Marko Gutjahr von der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. „Wild war ihm wohl zu trocken“, meint er.

Da könne man gleich in den Teller beißen, soll Luther gesagt haben. Szenen aus dem Alltagsleben der Luthers sind in der Dauerschau des Museums dargestellt. Anhand von Holzmodellen und Geräuschen kann man in die Zeit eintauchen. Gutjahr: „Da hört man die Suppe auf dem Herdfeuer brodeln.“

Luthers Frau kochte nicht nur – sie braute Bier, räucherte Schinken und lagerte etwa Getreide. Vor allem die Briefe ihres Gatten und dessen Tischgespräche boten der Autorin Röhner viele Informationen. Zu Katharina selbst sei hingegen nur wenig überliefert, berichtet sie. „Sie hatte zwar viele Briefe an ihren Mann geschrieben, die existieren aber leider nicht mehr.“

Bora, die einem nicht unkomplizierten Mann zur Seite stand, betrieb als „Familienmanagerin“ zudem eine ausgedehnte Landwirtschaft vor den Toren Wittenbergs. Sie entschied über Speisepläne im Alltag oder wenn fürstliche Gäste zu Tisch gebeten wurden. „Auf dem Tisch landeten dann regionale Produkte“, hat Röhner herausgefunden. Die Luther-Gattin habe vor allem auf Eigenversorgung wert gelegt. Für ihr Buch hat die Autorin alte Rezepte nachgekocht, die damals üblich waren. „Was nicht schmeckt, wurde nicht aufgenommen.“

Schrecklich sei beispielsweise für den heutigen Gaumen die berühmte „Weiße Speise“, die Luther vorgesetzt wurde, wenn er zu Besuch in Adelshäusern war. Die Mischung aus Mandelmus, Wein, Zucker und Hühnerfleisch sei kaum herunterzubringen. Für das Geld, was die damals sehr teuren Zutaten kosteten, hätte man normale Lebensmittel für mehrere Tage kaufen können.

Lecker schmecken laut Röhner auch heute noch „Strauben“, ein unkompliziertes Schmalzgebäck oder Sauerkirschmus mit süßen Semmeln. Einsteiger in Luthers Küche sollten sich am Weinsauerkraut nach Klosterart und Semmelknödeln versuchen.

Dazu schmecke Bratwurst oder eine Scheibe Braten. Seit 1994 wird in Wittenberg im großen Stil beim Stadtfest „Luthers Hochzeit“ wie zu alten Zeiten getafelt.

Regina Röhner: „Zu Gast bei der Lutherin: Die Kochkunst der Katharina von Bora“. Buchverlag für die Frau; 112 Seiten; 9,95 Euro