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Theaterpremiere Erinnerungen eines Komponisten

Zum 250. Todestag von Georg Philipp Telemann ist das erste Theaterstück über den Barockkomponisten auf die Bühne gekommen.

Von Klaus-Peter Voigt 05.06.2017, 23:01

Magdeburg l Mit einem opulenten Veranstaltungsreigen erinnert die Landeshauptstadt während des ganzen Jahres an Telemann. Die „telemania“ setzt in erster Linie auf barocke Klänge, sucht aber auch neue Wege, um sich mit dem großen Sohn der Elbestadt auseinanderzusetzen. „Das Glück des Gauklers“ scheint dabei ein Glücksgriff. Dirk Heidicke, Hausautor der Kammerspiele Magdeburg, führt die Handlung zurück in das Todesjahr des Komponisten. Der erinnert sich in seiner Hamburger Wohnung an die eigene Kindheit und die ersten Begegnungen mit der Musik. In den Gesprächen mit Tochter Augusta (Susanne Bard) und Enkelsohn Michael (Michael Magel) ist ein gealterter Georg Philipp Telemann (Matthias Engel) zu erleben.

Im Schinkelsaal des Gesellschaftshauses erleben die Zuschauer die Handlung hautnah. Es gibt keine klassische Bühne, gespielt wird zu ebener Erde. Man scheint mitten in der Handlung zu sein, es entsteht eine vertraute Nähe. Die Ausstattung (Meyke Schirmer) knüpft zudem nahtlos an die vorhandene Architektur an. Historische Stühle, eine Ottomane, Musikinstrumente und ein Schreibpult wurden wie in der guten Stube aufgestellt.

Enkel Michael mag den Violinenunterricht nicht. So lenkt er seinen Großvater ab, lässt ihn über die Kindheit, seine Vorstellungen von Musik erzählen. „Jedes Instrument musst du verwöhnen, damit es sein Geheimnis preisgibt“, ermahnt er den Heranwachsenden. Der zweifelt am eigenen Talent. Bekleidet mit dem Nachtgewand nimmt der alte Mann, der ein wenig kauzig erscheint, ihn mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Die Sätze im Elternhaus, als das Faible für die Musik klar wurde, blieben im Gedächtnis. „Ja, willst du denn als Gaukler enden und über Jahrmärkte ziehen?“, steht am Ausgangspunkt der Erinnerungen. Es folgen Berichte, wie Telemann heimlich seinen Weg verfolgte und schließlich durchsetzte.

Matthias Engel fesselt in seiner Rolle, gibt ihr Lebendigkeit. Er spricht mit Begeisterung vom Erlebten, das trotz des hohen Alters frisch wirkt. Aus der Verhinderung der Probenstunde erwächst für Michael Magel ein reales Interesse, das den Enkel, der es später bis zum Kantor am Dom zu Riga bringt, für die Laufbahn eines Komponisten und Kirchenmusikers vorbereitet. Stets ein wenig in Eile tritt Tochter Augusta auf. Der Blumengarten verlangt nach ihr. Susanne Bard spielt diesen sie nahezu nervenden Spagat der Fürsorge für den Vater und den offenen Pflichten souverän. Die Schauspieler widmen sich allesamt unterschiedlichen Instrumenten, singen auch selbst, so dass die Handlung im Hause der Musikerfamilie in sich schlüssig wirkt.

Regisseur Michael Bard reizt das Buch aus, lässt keine Langeweile aufkommen. Die vielen heiteren Szenen sorgen für Tempo, machen den Abend unterhaltsam. So erlebt das Publikum statt eines trockenen Geschichtsstoffs ein bewegendes und trotzdem fröhliches Stück, das Telemann und sein Leben näherbringt.

Nächste Vorstellungen am 23. und 24. Juni im Gesellschaftshaus Magdeburg.