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Tournee Fans wollen auch leise Töne

Wegen einer Herzmuskelerkrankung musste Matthias Reim im vergangenen Jahr alle Konzerte absagen. Jetzt geht er wieder auf Tour.

Von Grit Warnat 27.07.2016, 01:01

Am vergangenen Sonnabend starteten Sie Ihre Tour vor 4000 Fans im sächsischen Kamenz. Wie gut tut es, wieder auf Tour zu sein?

Das ist mein Leben. Auf der Bühne zu stehen, ist das, was ich will. Ich war sehr dankbar nach dem Konzert, weil ich mich so wohlgefühlt habe und so kraftvoll war.

Haben Sie nach der Diagnose im vergangenen Jahr daran geglaubt, das je wieder zu können?

Ja, weil ich einen unglaublichen Optimismus in mir habe. Die Androhung meines Professors, dass es fraglich sei, jemals wieder auf der Bühne stehen zu können, habe ich ignoriert. Natürlich war es eine schwere Zeit und es hat eine Weile gedauert, bis ich wieder Land gesehen habe. Ich habe gelernt, dass Mister Unverwundbar nicht mehr unverwundbar ist.

Was haben Sie denn geändert an Ihrem Leben?

Ich kümmere mich mehr um mich. Ich verschaffe mir zwischen meinen Terminen mehr Freizeit. Ich habe einen Personal-Trainer, mit dem ich vier- bis fünfmal in der Woche Sport mache.

Sie singen im Song „Erlöse mich“, dass Sie immer noch rauchen. So ganz geläutert sind Sie nicht.

Ich werde nie ein Mustermensch sein, der nur Salat isst, nicht raucht, abends um neun im Bett ist und früh um sechs joggen geht. Es gibt Dinge, die gehören einfach zu mir. Ich wollte es psychisch schaffen, wieder fit zu sein, da musste ich mich nicht auch noch mit einer Entwöhnung auseinandersetzen. Das habe ich auf später verschoben.

Im vergangenen Jahr mussten Sie Ihre Konzerte absagen. Ist Ihre jetzige Tour eine komplette Neuproduktion?

Ja. Ich habe die intensivsten Songs des neuen Albums „Phoenix“ verarbeitet. Aber zwei Drittel der Show sind 26 Jahre Matthias Reim und seine Hits.

Was treibt Sie, sich wieder dem Stress einer Tournee auszusetzen?

Es wäre ein unerträglicher Gedanke, wenn ich darauf verzichten müsste. Es ist nicht etwas, was ich muss, sondern, weil ich es will.

Ihre Tour heißt wie Ihr Album „Phoenix“. Sehr passend. Wer kam auf diese Idee?

Ein Freund von mir. Wir hatten über den Titel des Albums nachgedacht und dann griente er mich an und sagte: Nenn es doch Phoenix, du Phoenix. Ich fand das eine geile Idee. Dieses Wiederaufstehen passt einfach zu meiner Biografie. Ich musste das schon so oft. Und mir ist es immer wieder gelungen.

Würden Sie das neue Album als Ihr persönlichstes bezeichnen?

Ich glaube ja. Ich hatte viel Zeit dafür, konnte jede Menge reflektieren. Ich durfte ein halbes Jahr nicht auf die Bühne. Da habe ich viel über Texte nachgedacht, über Arrangements und was ich erzählen kann, was die Menschen interessiert. Ich stehe ja nicht alleine da mit Krisen und Gesundheitsproblemen. Ich musste viel verarbeiten, und das habe ich musikalisch und textlich gemacht.

Ist es schwer, die Fans so nah an sich ranzulassen?

Ich bin ihnen sowieso nahe, weil ich keine Begegnungsprobleme habe. Weil ich auf der Bühne stehe, bin ich nichts Besseres. Ich bin ein verletzlicher Mensch, ich strotze nicht vor Selbstbewusstsein, auch ich habe meine Träume. Bei mir muss keiner nach oben gucken. Ich will das nicht.

Ihr Durchbruch war „Verdammt, ich lieb dich“. Haben Sie nicht den Ehrgeiz, noch einmal solch großen Hit rauszubringen?

Mir ist es egal. Natürlich würde das einige Dinge einfacher machen. Aber ich bin ein Albenverkäufer, weil meine Fans meinen Liedern zuhören wollen. Sie wollen auch die leisen Töne.

Leise Töne findet man auf Ihrem neuen Album. Sehen Sie es als Partyalbum oder überwiegt der melancholische Teil?

Ich habe immer alles drin. Aber in solch einer Lebenskrise ist man nachdenklicher. Man ist dann schon harmonisch-melancholisch. Das darf ich auch sein, weil die Menschen nicht von mir erwarten, dass ich einen Partysong nach dem anderen mache. Sie wollen das Leben von mir.

Matthias Reim ist mit seiner „Phoenix“-Live-Tour am 6. Oktober zu Gast in der Stadthalle Magdeburg. Karten für das Konzert gibt es in den Volksstimme Service-Centern und über die biber-ticket-Hotline 0391/5  99  97  00.