"Nachtschwärmer" zwischen Festtagsvorbereitung und humorvoller Kritik Und der Weihnachtsmann wird erschossen
Die Tatortmelodie erklingt. Dunkle Gestalten bewegen sich wie Verschwörer. In ihren braunen Kutten mit Kapuze entern sie das Theaterschiff auf der Elbe. Es geht mystisch zu.
Magdeburg l "Wir rammeln übern Weihnachtsmarkt" murmeln sich die Kuttenträger zu. Dort erwartet sie möglicherweise kein Spaß, Pflichtübung oder Vergnügen, die Entscheidung scheint schwerzufallen. Das Publikum muss glücklicherweise nicht lange auf den Stimmungswechsel warten.
Nach dem eher tristen Auftakt finden die Nachtschwärmer schnell in die Realität zurück. Ihr viertes Weihnachtsspektakel auf der Elbe gewinnt nunmehr schnell an Fahrt. Regisseur Knut Müller-Ehrecke knüpft das Netz des bunten Nummernprogramms mit sicherer Hand.
Auf der Spielfläche zwischen Tischen und auf der Bühne en miniature beweisen sich die Nachtschwärmer als vielseitig und spielfreudig. Eine in sich harmonische Ensembleleistung lässt den Funken schnell überspringen.
Matthias Krizek, Ulrike Nocker und Oliver Vogt spielen sich die Bälle zu. Ihnen gelingt zum wiederholten Mal der Spagat zwischen sentimentaler Festtagsvorbereitung und humorvoller Kritik an den Auswüchsen der letzten vier Wochen vor der Bescherung. Tabus gehören zur Ausnahme, ohne dass der Bogen überspannt wird. Zu bekannten Melodien haben vor allem Sabine Münz, Dirk Heidicke und Peter Hofmann sich ihre Gedanken gemacht. Da gelingt manches, das nach den ersten Tönen unter weihnachtlichem Aspekt kaum vorstellbar erscheint. Die Nonsenszeilen "Rama Lama Ding Dong", vor 55 Jahren zum ersten Mal von der Musikgruppe The Edsels gesungen, kommen zu neuen Ehren.
Als Leadsänger überzeugt Matthias Krizek. Und so bleibt es den ganzen Abend, dass stets aufs Neue einer der Akteure seinen Auftritt bekommt, sich beweisen kann und es auch tut. Temporeich, keinen Moment hat das Publikum die Chance, sich diesem Konzept zu entziehen. Ein ständiger Kostümwechsel sorgt zusätzlich für Auflockerung.
Oliver Vogt prägt das Programm durch ständige Präsenz
Ulrike Nocker gesteht in Schulmädchenkostüm mit roten Ringelstrümpfen "Ich habe einen Weihnachtsmann erschossen" und hat damit den Titel von Schwarze Grütze herrlich interpretiert. Ihre Antipathie gegen den "bitterbösen" Rauschebart begründet sie mit ganz und gar unschuldiger Miene. Allerdings hatte Krizek zuvor ebenso in seiner Single-Weihnacht ähnliche Taten eingeräumt und mit überzeugender Traurigkeit sein persönliches Geheimnis verraten.
Oliver Vogt prägt durch ständige Präsenz das Programm, sorgt für die musikalische Begleitung, singt und erzählt augenzwinkernd Geschichten. Seine Erkenntnis unter dem "christlichen Zentralmöbel": früher war Schenken einfacher, wir hatten ja nichts. Dass dann noch auf die unendlichen Shows zur Nachwuchsgewinnung im Fernsehen angespielt wird, bleibt bei den respektlosen Nachtschwärmern unvermeidlich.
Smutje Toralf Rosenthal tritt beim Suppentalent an, sieht sich als Superstar, der mit alkoholischen Spezialitäten die Jury - natürlich mit Dieter an der Spitze - aus dem Rennen wirft.
Weihnachtsspektakel Nummer vier hat funktioniert. Bislang bringt die alljährliche Neuauflage keine Langeweile, keine offensichtlichen Wiederholungen.