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Lichtdurchflutet Mit Glaskasten und Sonnenbrille gegen Museumsmüdigkeit

Für rund 80 Millionen Euro hat sich die kanadische Stadt Quebec einen Museumsneubau gegen Museumsmüdigkeit gegönnt. Das Glaskastenkonzept des Stararchitekten-Büros von Rem Koolhaas funktioniert.

Von Sabine Glaubitz, dpa 07.03.2017, 10:04

Quebec (dpa) - Das renommierte Architektenbüro OMA von Rem Koolhaas hat es versprochen: Das neue Kunstmuseum im kanadischen Quebec werde ein Bau gegen Museumsmüdigkeit sein. An das Versprechen hat sich das Office for Metropolitan Architecture OMA gehalten.

Seit der Eröffnung des Erweiterungs-Neubaus des Nationalen Museums für Schöne Künste (MNBAQ) Ende Juni reißt der Besucherstrom nicht ab. Mit knapp 350 000 Besuchern habe sich die Anzahl mehr als verdoppelt, verkündete begeistert Line Quellet, die Leiterin des Kunstmuseums MNBAQ. Das Konzept sei aufgegangen, zog die Kunsthistorikerin nun Bilanz.

Der rund 80 Millionen Euro teure Bau besteht vor allem aus riesigen Glaskästen, die wie bei einem Stapelspiel übereinandergesetzt sind. Von außen ist die Architektur nicht sehr spektakulär. Sie wirkt kantig und steht im Kontrast zur angrenzenden Saint-Dominique, einer gotischen Dominikanerkirche im britischem Stil. Innen hingegen bringt die Struktur des 15 000 Quadratmeter großen Neubaus die Besucher in riesige und lichtdurchflutete Räume, die teilweise stützenfrei sind. Eine architektonische Glanzleistung, wie Quellet betonte. Für den Entwurf hatte sich Shohei Shigematsu, der New Yorker Partner des Rotterdamer Koolhaas-Büros auch Zeit gelassen. Denn den Wettbewerb hatte OMA bereits 2010 gewonnen.

Wie ein Museum gegen Museumsmüdigkeit aussieht? "Offen, voller Licht und im Alltagsgeschehen der Stadt verankert", erklärte Quellet. Architektonisch umgesetzt sieht das Konzept so aus: Ein 14 Meter hohes Atrium, das den Blick frei gibt auf die Grande Allée, die Champs-Elysées von Québec City, und die "Abraham-Ebene", einer Parkanlage, deren Name an die Schlacht zwischen den französischen und britischen Truppen im Jahr 1759 erinnert. Hinzu kommen mehrere Terrassen, von denen die oberste einen Ausblick auf den Sankt-Lorenz-Strom erlaubt sowie eine spiralförmige Freitreppe.

Das lichtdurchflutete und in der Vertikale völlig durchlässige Atrium dient als Anlaufstelle für das ganze Museum. Hier befindet sich der Ticketverkauf, ein Auditorium, ein Restaurant mit Café und viel Platz für die Vernissagen mit DJs. Wenn im Winter draußen die Temperaturen auf bis zu minus 20 Grad fallen, wärmt die Sonne das Atrium und die anderen Räume richtig auf. Sie habe das einzige Museum, in dem man eine Sonnenbrille tragen müsse, meinte Quellet.

Der Neubau ist Teil eines Museums-Ensembles, das aus mehreren Gebäuden besteht: dem 1933 eröffneten Pavillon Gérard Morisset im Neoklassizistischen Stil, dem 1991 eingeweihten ehemaligen Gefängnis im Neorenaissance-Stil und einem gläsernen Pavillon central, der alle Museen zum Teil durch unterirdische Gänge vereint. Zusammen mit dem Neubau bietet das MNBAQ rund 30 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Die am 24. Juni 2016 eröffnete avantgardistische Konstruktion ist nach dem kanadischen Geschäftsmann Pierre Lassonde benannt. Der Kunstmäzen hat den Neubau mit mehr als 7 Millionen Euro subventioniert.

Quellet setzt ihren Kampf gegen Museumsmüdigkeit fort. Demnächst soll der Pavillon Gérard Morisset wegen Umbauarbeiten geschlossen werden. Die Leiterin will die dunklen Räume aus dem Jahr 1933 für Sonne und Licht öffnen. 

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