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Landesgartenschau Windhund-Rennen um die große Chance

Blankenburg und Ballenstedt laufen sich als Bewerber für die Landesgartenschau 2022 warm. In anderen Gemeinden scheitert es an den Finanzen.

Von Dennis Lotzmann 14.04.2016, 09:27

Halberstadt l In Blankenburg ist die Landesgartenschau (Laga) im Jahr 2022 – salopp formuliert – ein alter Hut. Zumindest was Planungen und Ideen angeht. „Wir sind seit 2013 intensiv an dem Thema dran und haben eine Machbarkeitsstudie vorliegen“, berichtet Bauamtsleiter Joachim Eggert.

Blankenburg sei nicht zuletzt wegen der zahlreichen „sehr guten Parkanlagen“ im Stadtgebiet geradezu prädestiniert, diese Schau auszurichten. „Wir würden uns darauf konzentrieren, die bestehenden Anlagen qualitativ aufzuwerten“, so der Amtsleiter mit Blick auf Thie-Park, Stadt- und Schlosspark sowie Barock-, Berg- und Fasanengarten. Obendrein sei im Rathaus eine Blumenhalle denkbar, um den Rundgang durch die Stadt zu komplettieren.

Lange Zeit sah es danach aus, als würde die 21 000 Einwohner zählende Stadt im Harz als einziger Anwärter ins Rennen gehen. Zwar gab oder gibt es auch in Quedlinburg und Halberstadt Überlegungen – allerdings eher leise, da die finanziellen Möglichkeiten Grenzen setzen oder andere Jubiläen im Mittelpunkt stehen. Und: Wer bislang noch nichts Konkretes auf den Weg gebracht hat, dürfte es bis zum Bewerbungsschluss am 15. September kaum noch schaffen.

Die Ballenstedter überraschten im Sommer 2015 mit ihrem Vorstoß für eine Bewerbung. Auch sie haben die Chance, die eine Laga für die Infrastruktur bietet, erkannt. Neben dem von Peter Joseph Lenné maßgeblich gestalteten Schlosspark sehen sie die Roseburg bei Rieder und das Schlossensemble selbst als denkbare Schwerpunkte.

Obendrein hoffen sie im Zuge einer Laga auf eine Chance für die Napobi, die Nationalpolitische Bildungsanstalt, hoch oben auf dem Ziegenberg. Das Areal mit den von den Nazis aus dem Boden gestampften Monumentalbauten, in denen später den SED-Kadern der Marxismus-Leninismus eingehämmert wurde, ist heute in kommunaler Hand. Ballenstedt griff vor Jahren vorsorglich zu, um sich die Verfügungsgewalt für das unter Denkmalschutz stehende Objekt zu sichern. Allein: Ideen und Geld für eine Nutzung sind bislang Fehlanzeige. Deshalb rückten die Verantwortlichen jüngst beim Spaziergang entlang von denkbaren Laga-Schwerpunkten im Stadtgebiet die Napobi bewusst in den Fokus.

Einige Kilometer weiter westlich, in Blankenburg, stößt das Engagement der Ballenstedter nicht unbedingt auf Beifall. Zwar erinnert Joachim Eggert ganz diplomatisch da-ran, dass „Konkurrenz das Geschäft belebt“. Obendrein sei man mit Ballenstedt im Gespräch. Gleichwohl, heißt in den Rathausfluren, sei es doch schade, wenn sich zwei Harzer Kommunen gegenseitig Konkurrenz machten. Wo sich doch landesweit weitere Mitbewerber warm liefen.

Wobei: Aktuell scheint von den Kommunen, die irgendwann Interesse signalisiert haben, lediglich Dessau-Rosslau übrig. Dabei standen die Landesgartenschauen – anders als Sachsen-Anhalt-Tage – bislang hoch im Kurs. Aus gutem Grund: Während beim Landesfest drei Tage Party angesagt ist und für die Ausrichter-Städte mit der Schlussrechnung oft der Kater kommt, verspricht eine Laga Investitionen in Infrastruktur und Wohnumfeld.

Beispiel Wernigerode: Dort wurde unter anderem eine alte Deponie renaturiert, um 2006 schließlich rund 650 000 Besucher anzulocken. 500 000 seien angepeilt gewesen, erinnert sich der damalige Laga-Marketingchef Andreas Meling. Vor allem dank dieses Zuspruchs sei es gelungen, schwarze Zahlen zu schreiben.

Und der Effekt sei von Dauer: Damals wurden rund 15 Millionen Euro investiert. Aus dem Laga-Gelände wurden später Bürger- und Miniaturenpark, die immer noch 100 000 Gäste jährlich anlocken. „Letztlich hat die Laga einen Schwung für die Stadt und den Tourismus gebracht“, bilanziert Meling. So ließen sich wiederum die 300 000 Euro, die die Stadt jährlich in Bürger- und Miniaturenpark pumpen müsse, aufbringen. Zudem habe die Schau viele motiviert zu sanieren. Meling: „Das war damals alles in allem gut angelegtes Geld.“

Das sieht der Ascherslebener Oberbürgermeister Andreas Michelmann ebenso. Der Laga-Standort 2010 – zeitgleich fand die Landesbauausstellung statt – war die Blaupause für eine innerstädtische Aufwertung. Die Herrenbreite am Bahnhof und der Stadtpark wurden aufgehübscht. Die dazwischen liegende Industriebrache der früheren Optima wurde als Bestehorn-Park zum Bildungs- und Kulturzentrum.

Effekte sieht der Politiker der „Wählerinitative die Aschersleber Bürger“ (Widab) nicht nur in der langfristigen Wohnumfeld-Verbesserung. „Das war ein riesiger Schub für das Image der Aschersleber – ihre zuvor als grau und hässlich wahrgenommene Stadt war plötzlich in aller Munde“, erinnert der umtriebige Politiker und Vordenker: „Das hatte Effekte für das Selbstbewusstsein, die Leute schauten plötzlich wieder stolz nach vorn.“

Und: Mit rund 40 Millionen Euro seien viele Investitionen angeschoben worden. „Vieles, vor allem im Straßenbau, wäre sonst wohl undenkbar gewesen“, betont das seit 1994 amtierende Stadtoberhaupt.Darauf bauen auch die Blankenburger und die Ballenstedter. In beiden Kommunen sollen noch vor der Sommerpause verbindliche Bewerbungsbeschlüsse gefasst werden. Dann liege die Entscheidung beim Land, sagt der Ballenstedter Bürgermeister Michael Knoppik (CDU). „Ich sehe das sportlich. Und allein das tiefgründige Nachdenken mit den Bürgern war schon ein richtiger Erfolg.“Kommentar