Bei deutlichen Signalen: Als Nachbar auf Opfer häuslicher Gewalt zugehen und helfen
Karlsruhe (dapd). Viele lehnen es ab, sich in die Angelegenheiten ihrer Nachbarn einzumischen. Hat man allerdings den Verdacht, nebenan werden der Partner oder die Kinder geschlagen werden, sollte man doch aktiv werden. "Wir appellieren hier an das Bauchgefühl der Beobachter", sagt Remigius Kraus, Erster Polizeihauptkommissar beim Polizeipräsidium Karlsruhe.
Bei Hilferufen oder anderen deutlichen Signalen, dass bei den Nachbarn gerade jemand geschlagen wird, sollte man auf jeden Fall sofort die Polizei rufen - "Auch schon beim ersten Mal", betont der Experte für Gewaltprävention.
Hat man einen eher vagen Verdacht, sei es ratsam, die Situation erst einmal genau zu beobachten. "Warnsignale sind beispielsweise häufige Verletzungen bei den Familienmitgliedern.
Aber auch das plötzliche introvertierte Verhalten eines Kindes kann ein Hinweis auf häusliche Gewalt sein", sagt Kraus. Man könne auch andere Nachbarn fragen, wie sie die Situation einschätzen. So bekomme man schon ein klareres Bild.
Wenn sich die Gelegenheit biete, sei es außerdem sinnvoll, das vermeintliche Opfer unter vier Augen anzusprechen. "Dabei kann man fragen, wie es der Person geht und darauf hinweisen, dass man öfter Schreie oder Weinen hört", sagt Kraus. Erwachsene Gewaltopfer könne man auch auf Hilfsangebote und Beratungsstellen hinweisen oder ihnen vorschlagen, sich an die Polizei zu wenden. "Viele Betroffene sind so in der Gewaltspirale gefangen, dass sie es von sich aus nicht schaffen, sich daraus zu befreien", betont Kraus. Eine Anregung von außen könne daher sehr hilfreich sein.
Ansonsten könne man auch selbst einen Hinweis an die Polizei geben - auf Wunsch auch anonym. "Die Familien werden nicht gleich auseinandergerissen", beruhigt Remigius Kraus zögernde Nachbarn. Die Beamten hätten jedoch die Möglichkeit, auf den Täter einzuwirken und für eine angemessene Beratung und Betreuung aller Beteiligen zu sorgen.