Scherz und Schabernack Der Aprilscherz hat es in Zeiten von Fake News schwer
Früher schickten die Leute andere Menschen einfach in den April. Heute - in Zeiten von Fake News - leben wir quasi täglich mit Aprilscherzen. Um trotzdem punkten zu können, geben sich manche Aprilscherzemacher richtig viel Mühe.
Bayreuth/München (dpa) - Burger-Zahnpasta, Bayern-Burka und eine Rhinologie-Professorin namens Desiree Dufft: Auch in diesem Jahr haben Aprilscherze zum 1. des Monats Hochkonjunktur.
Nach altem Brauch treiben Scherzkekse Schabernack und veräppeln andere Menschen. Ein junges Phänomen macht der Tradition jetzt fragwürdige Konkurrenz: Fake News - also gefälschte Nachrichten, gezielte Falschmeldungen.
"Wir leben nun ständig im Aprilscherz", sagt der Bayreuther Soziologe Georg Kamphausen. Früher habe man den Aprilscherz mit Naivität und Dummheit verbunden - und Leute zum Beispiel auf die Suche nach dem Fabelwesen Wolpertinger geschickt. "Heute geht es eher darum, jemanden, der sich für aufgeklärt hält, einem Test zu unterziehen."
Das Problem sei dabei, dass heutzutage beinahe alles denkbar erscheine. Permanent werde man mit Nachrichten konfrontiert, die früher unglaubwürdig waren. Heute stimmten manche aber. Ein simples Beispiel: Einige Flugreisen kosteten nur wenige Euro. "Die Bandbreite ist gewachsen, was möglich, was plausibel ist", sagt der Professor.
Andererseits geraten echte Nachrichten unter Fake-News-Verdacht. So wirft etwa US-Präsident Donald Trump seriösen Medien absichtliche Falschberichterstattung vor. "Es fehlt eine Orientierungshilfe, eine Autorität, die uns sagt, was richtig und falsch ist", sagt Kamphausen. Er spricht von einem Dilemma: Stets stehe man zwischen Wahrheit und Betrug, zwischen Fake News und richtigem Urteil.
Als Auslöser sieht der Soziologe unter anderem zwei Entwicklungen: "Dahinter liegt zum einen etwas Ernstes: dass wir jedem eine Meinung zuschreiben. Manche wissen aber nicht, dass man Meinung von Urteil trennen kann." Zum anderem habe eine ganze Generation dafür gekämpft, gegen Autoritäten aufzubegehren. "Wir sind der Meinung, wir selbst sind die Autorität." Und die entscheide über richtig oder falsch.
Wer trotz allem in bester Unterhaltungsabsicht einen Aprilscherz platzieren möchte, muss sich inzwischen ins Zeug legen: So verkündete der Burgerbrater Burger King in diesem Jahr, eine "Whopper-Zahnpasta" auf den Markt zu bringen - damit man den Geschmack von Burgern schon am frühen Morgen im Mund habe. In einem extra von den französischen Kollegen produzierten Videoclip umspülen animierte Mini-Burger - in Anlehnung an echte Zahnpastawerbung - die blitzblanken Beißerchen.
Und es geht immer früher los: Um pünktlich zum Stichtag seinen Gag in den Zeitungen platziert zu haben, müssen die Redaktionen spätestens am 31. März Bescheid wissen. Die Uni Freiburg hat diesmal sogar mit mehr als einer Woche Vorlauf eine Pressemitteilung verbreitet, in der sie die "weltweit einzigartige Juniorprofessur für interdisziplinäre Rhinologie" verkündet. Die Frau, die sich mit der fachübergreifenden Rolle von kranken Nasen befassen soll, heißt angeblich Desiree Dufft, Amtsantritt sei der 1. April. Der Scherz ist also offensichtlich.
Dass die Universität damit ihren seriösen Ruf riskieren könnte, befürchtet Sprecher Nicolas Scherger nicht. "Das darf man nicht mit Fake News vermischen." Dabei sieht die vermeldete Personalie aus wie eine waschechte Pressemitteilung der Hochschule. Für das Porträt der vermeintlichen Frau Dufft hat eine Mitarbeiterin der Pressestelle am Computer aus Fotos von sich und freiwilligen Kolleginnen quasi eine neue Person erschaffen. Nur die angegebene Telefonnummer ist echt. Wer die wählt, landet beim persönlichen Referenten des Rektors für hochschulpolitische Angelegenheiten. Er war angeblich eingeweiht.
Für wieder andere ist die Aprilscherz-Zeit die Gelegenheit, auch mal in der Öffentlichkeit aufzutauchen. So verbreitete die Regionalpartei "Die Franken" diese Woche eine Mitteilung mit Augenzwinkern, wonach sie als Reaktion auf die Debatte um Auftritte türkischer Politiker in Deutschland ein Verbot von Wahlkundgebungen bayerischer Politiker in Franken fordert. "Denn auch bayerische Politik und Konflikte dürfen nicht in Franken ausgetragen werden", heißt es in der Meldung.
Zudem wettert Parteichef Robert Gattenlöhner darin über die "Bayern-Burka". Gemeint sei, so schreiben die Verfasser mit dem Hinweis "Anmerkung der Redaktion" in Klammern: das Dirndl. Selbstkritisch sagt Parteisprecher Andreas Brandl: "Eigentlich landen unsere Mails immer im Spam-Ordner. Da sind wir ja froh, wenn wir es mit einem Aprilscherz mal in die Medien schaffen."