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Der Gartenzwerg blickt in ungewisse Zukunft

Noch steht so mancher Gartenzwerg mit roter oder blauer Zipfelmütze in gepflegten Gartenbeeten. Doch das urdeutsche Zierobjekt wird immer seltener klassisch aus Ton hergestellt - obwohl die Nachfrage insgesamt steigt.

Von Andreas Göbel, dpa 16.05.2016, 09:18

Gräfenroda (dpa) - Der klassische Gartenzwerg gehört zu Deutschland wie Bratwurst und Fußball - nur: Wie lange noch? Hergestellt wird das kleine Keramikmännchen mit der Zipfelmütze nur noch von wenigen Firmen.

Die Qualität hat in den vergangenen Jahren stark abgenommen, es gibt kaum noch Hersteller. Und ich denke, da wird auch nichts mehr nachkommen, sagt Experte Frank Ullrich vom Zwergenpark Trusetal. Dabei verzeichnen Händler eine immer stärkere Nachfrage nach den kleinen Männern, die entweder als Kult- wie als Hassobjekt gesehen werden.

Der letzte große Hersteller der traditionsreichen Keramikfiguren sitzt im thüringischen Gräfenroda. Vor zwei Jahren feierte Inhaber Reinhard Griebel das 140. Firmenjubiläum der Familien-Manufaktur. Griebels Vorfahren zählen zu den Kandidaten, die den in Serie produzierten Keramikzwerg erfunden haben sollen. Damals schmückte er noch als Gnömchen die Gärten.

Die Geschichte des massenhaft produzierten deutschen Gartenzwergs begann Ende des 19. Jahrhunderts, erzählt Ullrich. Der älteste Nachweis sei eine Werbeanzeige der Firma Etruria. Mit dem Entstehen von Schrebergärten und Kleingartenkultur erlebte der Zwerg einen Aufschwung. De facto hatten damals fast alle deutschen Keramikhersteller auch Gartenzwerge im Angebot. Dabei entsprach der Preis von 35 Reichsmark für so ein kleines Geschöpf einem durchschnittlichen Monatslohn.

Heute könne ein gut erhaltener Gartenzwerg von einem namhaften Hersteller bei Auktionen durchaus bis zu 3500 Euro einbringen. Gerade in den letzten Jahrzehnten ist die Qualität aber deutlich zurückgegangen, sagt Griebel. Weil die Preise möglichst niedrig gehalten werden müssten, seien detailreiche Figuren mit vielen Accessoires fast ganz verschwunden.

Neben Griebels Firma mit angeschlossenem Museum und dem Zwergen-Schaugießen in Gräfenroda hat sich in Trusetal der Zwergenpark angesiedelt. Rund 2500 Zwerge hat Frank Ullrich bislang für seinen Park gesammelt - für die wertvolleren Figuren gibt es einen eigenen Museumsbereich. Im fränkischen Neustadt, einen Steinwurf von der thüringischen Landesgrenze entfernt, gibt es zudem zwei Firmen, die in größerem Maßstab Zwerge aus Kunststoff produzieren.

Der Zwerg selbst hat sich verändert, sagen Kenner. Während ältere Modelle noch meist von der Arbeit gezeichnete, wettergegerbte Gesichter hatten, finden sich heute fast nur noch Modelle mit glatten Gesichtszügen - und Dauergrinsen. Der Gartenzwerg ist heute eher zum Spaß-Produkt geworden, sagt Ronald Rasch, hauptberuflicher Zwergenhändler. Rund 750 Modelle bietet er in seinem Internet-Shop an. Jedes Jahr steigt die Nachfrage ein bisschen mehr an.

Nachdem der letzte Trend - frivole Nudisten- und Exhibitionisten-Zwerge - langsam abklinge, seien verchromte Modelle momentan stark gefragt. Figuren aus deutscher Produktion sind besonders beliebt, sagt Rasch. Sie sind deutlich wetterbeständiger und haltbarer als die billigen Baumarkt-Exemplare, die nach einer Saison im Müll landen. Auch Andreas Ehrlicher von der Firma Rakso aus Neustadt, die seit den 70er Jahren PVC-Gartenzwerge produziert, sagt: Die Nachfrage ist definitiv da und sie ist steigend.

Wie lange es den aus Keramik hergestellten Gartenzwerg aus deutscher Produktion noch geben wird, ist offen. Wir suchen schon seit Jahren einen Nachfolger, bisher waren aber alle von der vielen Arbeit und dem Risiko als Selbstständiger abgeschreckt, sagt Griebel. Ans Aufhören denkt der studierte Keramik-Ingenieur zwar noch nicht. Es wäre aber wichtig, bald jemanden zu finden, der das Handwerk und das Museum fortführe. Ansonsten wird diese Tradition vermutlich aufhören.

Zwergenpark Trusetal

Gartenzwergmanufaktur