1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Finanzen
  6. >
  7. Weniger Geld fürs Alter: Zinsflaute erschwert Vorsorge

Richtig versichern Weniger Geld fürs Alter: Zinsflaute erschwert Vorsorge

Ein Ende der Zinsflaute ist vorerst nicht absehbar. Das hat Folgen für die private Altersvorsorge. Versicherer treten auf die Bremse.

Von Friederike Marx, dpa 03.12.2021, 11:44
Das Dauerzinstief nagt immer stärker an der privaten Altersvorsorge.
Das Dauerzinstief nagt immer stärker an der privaten Altersvorsorge. Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Illustration

Frankfurt/Main - Das Dauerzinstief nagt an der privaten
Altersvorsorge. Viele Vorsorgesparer müsse sich auch im kommende Jahr
auf eine sinkende Verzinsung von Lebensversicherungen einstellen.
Nach Einschätzung von Branchenexperte Lars Heermann von der
Ratingagentur Assekurata ist diese Sparform zwar immer noch
attraktiver, „als das Geld auf dem Konto zu parken angesichts von
Negativzinsen, die immer mehr Kreditinstitute erheben. Aber das
allein wird bei vielen Menschen nicht reichen, um die
Altersvorsorge-Lücke zu schließen.“ Verbraucherschützer haben
grundsätzliche Bedenken.

Assekurata erwartet im Durchschnitt bei klassischen privaten
Rentenversicherungen eine leichte Senkung der laufenden Verzinsung
von derzeit 2,13 Prozent auf etwa 2 Prozent. Bei neueren
Lebensversicherungsprodukten mit abgespeckter Garantie dürfte die
Entwicklung ähnlich sein, sagte Heermann.

Versicherer treten auf die Bremse

Vorsorgesparer mit lukrativen Altverträgen, die vor dem Jahr 2000
abgeschlossen wurden, stehen besser da. Sie haben zumindest den
Garantiezins von bis zu 4 Prozent sicher. Liegt die laufende
Verzinsung darunter, gilt automatisch der Garantiezins.

Erste Versicherer treten bereits auf die Bremse und senken die
Überschussbeteiligung fürs kommende Jahr. Über deren Höhe entscheiden
die Assekuranzen je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer
Anlagestrategie jedes Jahr neu. Überschussbeteiligung und
Garantiezins ergeben die laufende Verzinsung, die sich nur auf den
Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und
Verwaltungskosten bezieht.

Der Garantiezins sinkt nach einer Entscheidung des
Bundesfinanzministeriums ab Januar 2022 für Neuverträge auf 0,25
Prozent nach zuletzt 0,9 Prozent. Dies gilt ausschließlich für
Policen, die nach der Änderung abgeschlossen werden.

Hochverzinste Altverträge

Das Problem der Branche sind die hochverzinsten Altverträge, weil in
der Zinsflaute die Versprechen der Vergangenheit erfüllt werden
müssen. Staatsanleihen mit guter Bewertung, die als sicher gelten,
werfen so gut wie nichts mehr ab. Teilweise legen Anleger sogar Geld
drauf. Die meisten der rund 80 Lebensversicherer in Deutschland
bieten im Neugeschäft keine klassischen Policen mit lebenslangem
Garantiezins mehr an. „In diesem Jahr sind es noch 16 Versicherer und
ich gehe davon aus, dass die Zahl ab 2022 weiter sinken wird“, sagte
Heermann. „Die Lebensversicherung im traditionellen Sinn ist ein
Auslaufmodell und wird in der Form auch nicht mehr zurückkommen.“

Heermann zufolge hat sich bei neuen klassischen Policen bereits die
Mehrheit der Anbieter zudem davon verabschiedet, Vorsorgesparern den
Erhalt der eingezahlten Beiträge zu 100 Prozent zu garantieren. Dafür
sollen Versicherte auf eine höhere Rendite hoffen können, weil die
Assekuranzen Gelder in renditestärker, aber riskantere Produkte
anlegen können. Die Vielzahl der neuen Modelle führt aus Heermanns
Sicht dazu, „dass ein Vergleich zwischen den Altersvorsorgeprodukten
zunehmend schwierig wird“.

Kritik an Kapitallebensversicherung

Verbraucherschützer kritisieren die Kapitallebensversicherung
grundsätzlich als aus ihrer Sicht zu teuer und renditeschwach.
„Lebensversicherungen sind für die Absicherung von Risiken wie den
Todesfall geeignet, aber nicht für die private Altersvorsorge, sagt
Lars Gatschke vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Ein großes
Problem sind die Abschluss- und Vertriebskosten. Hier hat sich leider
nichts getan.“

Ein weiteres Problem: „Wenn ich eine lebenslange Garantie gebe, muss
ich entsprechend vorsorgen, um das Versprechen erfüllen zu können.
Darauf achtet auch die Aufsicht“, erläutert Gatschke. Die
Garantieverpflichtung halte die Assekuranzen davon ab,
renditeorientiert anzulegen. Zu groß sei die Gefahr, dass die
Versprechen nicht jederzeit erfüllt werden könnten und Versicherer im
Zweifel eigenes Geld nachschießen müssten. Investiert werde daher vor
allem in renditeschwache Staatsanleihen mit guter Bewertung.