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Schampus, Crémant, Sekt & Co. Perlen im Glas fürs Fest: Wie sich Schaumweine unterscheiden

Vom Champagner, der Mutter aller Schaumweine, bis zur Sektproduktion in Deutschland: Was macht den Reiz von Schaumwein aus? Wie kommen die Bläschen ins Glas – und was sagt der Preis über Qualität aus?

Von Christiane Meister-Mathieu, dpa 09.12.2025, 00:05
Ob mit oder ohne Grund zum Anstoßen: Die Deutschen lassen gern die Korken knallen.
Ob mit oder ohne Grund zum Anstoßen: Die Deutschen lassen gern die Korken knallen. DWI/deutscheweine.de/dpa-tmn

Stuttgart/Saumur - Geburtstage, Jubiläen, Silvester – bei Feiern und Festtagen darf es im Glas richtig sprudeln. Vor allem bei den Deutschen, die als Weltmeister im Schaumweintrinken gelten. Dabei haben sie eine riesige Auswahl: vom Sekt für drei Euro im Discounter bis zur Champagnerflasche im vierstelligen Bereich im Fachhandel.

Was macht aber den Unterschied aus – und ist teuer gleich besser? „Ich bin da unromantisch“, sagt Christian Josephi, Verbandssprecher der Champagne in Deutschland und Österreich. „Die Nachfrage macht den Preis.“ Und die ist beim Champagner ungebrochen: Er steht für Perfektion, Prestige – und ein begrenztes Angebot.

„Etwa 300 Millionen Flaschen pro Jahr werden produziert – etwas mehr, wenn es gut läuft“, so Josephi. In schlechten Jahren weniger. „Mit dem Klimawandel ist die Landwirtschaft zum Risikogeschäft geworden.“ Daneben treibt auch die Herstellung den Preis. Die Produktion von Champagner ist an Regeln geknüpft – die sichern Qualität und Stilistik, machen die Produktion aber aufwendiger.

Die wichtigsten Regeln für den Champagner

  • Alle Trauben müssen aus der Champagne stammen. Klingt trivial, ist aber nicht selbstverständlich.
  • Die Lese erfolgt ausschließlich von Hand. So werden im Idealfall nur gesunde Trauben geerntet, die den richtigen Reifepunkt für Schaumwein haben.
  • Die Schaumweine müssen nach der traditionellen Methode hergestellt werden – in der Champagne auch „méthode champenoise“.

Wie kommen die Bläschen in die Flasche?

Ein Ausflug in die Chemie: Hefe wandelt Zucker in Alkohol, als Nebenprodukt entsteht Kohlensäure. Beim Stillwein entweicht sie. Ebenso beim Grundwein, der als Basis für Champagner und andere Schaumweine dient. Für die Perlen folgt eine zweite Gärung. Eine Zucker-Hefe-Lösung bringt den Wein nochmal zum Gären. Diesmal bleibt die Kohlensäure im Wein.

Bei der traditionellen Methode findet diese zweite Gärung in der Flasche statt. Anschließend reift der Wein auf der Hefe: in der Champagne mindestens zwölf Monate. Dabei zerfällt die Hefe und liefert Aromen und Struktur. Das Ergebnis: Komplexität, Cremigkeit, Tiefe – und eine feinere Perlage. Danach wird das Hefedepot entfernt. Im Fachjargon: degorgiert.

Champagne setzt Maßstäbe für Schaumweinproduktion

Was für Champagner gilt, gilt auch andernorts: Spanischer Cava, italienischer Franciacorta und Crémant werden ebenfalls nach der klassischen Flaschengärung hergestellt. Crémant gibt es vor allem in Frankreich, darf nach EU-Recht aber auch in anderen Ländern produziert werden.

Guillaume Poitevin, Kellermeister bei „Maison Louis de Grenelle“ produziert Crémant de Loire. „Die Bezeichnung steht immer für eine gewisse Qualität“, sagt er. Der Geschmack ist unterschiedlich: „Typisch für die Loire ist, dass nichts typisch ist.“ Er selbst setzt auf Weine mit Herkunftscharakter – und arbeitet mit wenig Dosage. Sie ist für Poitevin wie der letzte Pinselstrich bei einem Gemälde. 

Bei der Dosage wird nach dem Degorgieren die Flasche mit einer Mischung aus Wein und Zucker aufgefüllt. Die Zuckermenge bestimmt den Süßegrad. Die Kennzeichnung kann verwirren: Ein trockener Stillwein darf maximal neun Gramm Zucker pro Liter enthalten. Bei Schaumwein sind es bis zu 33 Gramm – also rund acht Stück Würfelzucker pro Flasche. Trügerisch: Durch die Perlen schmeckt man den Zucker weniger.

Bewegte Geschichte des deutschen Sekts

Mitte des 19. Jahrhunderts war herber deutscher Sekt am englischen Hof beliebter als der damals süßliche Champagner, erzählt Nicole Wolbers vom Schaumweinmagazin. Kaiser Wilhelm II. nutzte später die Sektbegeisterung der Untertanen und führte eine Schaumweinsteuer ein. Die gibt es bis heute: rund ein Euro pro Flasche, unabhängig vom Preis.

Der gute Ruf schwand. Viele Kellereien setzten auf das neue Tankgärverfahren. Die zweite Gärung findet im Tank statt. So entstehen unter anderem fruchtbetonte Schaumweine wie der Prosecco aus Italien und bis heute gut 95 Prozent der deutschen Sekte. Das Verfahren geht schnell, spart Kosten und erzielt einen gleichbleibenden Stil.

Anders als beim Prosecco müssen die Trauben beim Sekt nicht aus einer bestimmten Region kommen, erklärt Nicole Wolbers. Selbst wenn „Sekt hergestellt in Deutschland“ auf der Flasche steht, können Trauben oder Grundwein aus Ländern kommen, in denen die Produktion billiger ist. Die Versektung muss in Deutschland erfolgen. „Deutscher Sekt“ steht für Trauben aus hiesigen Weinbergen. Das bedeutet kürzere Transportwege und mehr Transparenz bei Qualitäten und Arbeitslöhnen.

Neues Qualitätsbewusstsein

„Ein Gros der Weine sind Massenprodukte, die auf ein bestimmtes Geschmacksprofil konzipiert werden“, sagt Christian Josephi. Viel Zucker gehört oft dazu. „Wenn man bei den günstigen Flaschen Sekt- und Mehrwertsteuer abzieht, bleibt wenig Geld fürs Produkt“, sagt Caroline Diel vom Schlossgut Diel. „Da kann man sich ausrechnen, dass weder besonders liebevolle Weinbergsarbeit noch Nachhaltigkeit dahinterstehen.“

Doch es geht anders. Seit einigen Jahren – in Beispielen wie dem Sekthaus Raumland seit Jahrzehnten – setzen immer mehr deutsche Häuser auf Klasse. „Ein guter Schaumwein hat für mich Spannung, einen Kick – und etwas Tänzelndes“, beschreibt Caroline Diel. Der Weg dahin beginnt für sie im Weinberg – mit sorgfältiger Arbeit. Vorbild ist für sie die Champagne, zumindest in der Herstellung. „Wir können von der Präzision lernen.“

Unterschiede gibt es bei den Rebsorten. In der Champagne dominieren Chardonnay, Pinot Noir und Meunier. An der Nahe arbeitet Schlossgut Diel mit Riesling, Weiß- und Spätburgunder. „Diese Sorten passen zu unserem Terroir. Wir wollen keinen Champagner kopieren – sondern großartigen Schaumwein von der Nahe machen.“

Handwerk und Herkunft

Handwerklicher Schaumwein mit regionaler Handschrift ist der Anspruch. Eine Herausforderung: die Sprache. Der Begriff „Sekt“ sagt nichts über Herkunft oder Herstellungsweise aus. Es gibt Begriffe, die mehr Orientierung geben sollen: Winzersekt etwa. Und auch Crémant dürfen Schaumweine aus Deutschland heißen.

Ein weiterer Schritt zu mehr Transparenz ist das VDP.Sekt.Statut. Es definiert Qualitätskriterien – unter anderem Handlese, traditionelle Flaschengärung und langes Hefelager – und macht damit die Herstellung nachvollziehbar.

Ein bisschen Champange in Deutschland

Internationale Aufmerksamkeit bekam deutscher Sekt 2013, als Mathieu Kauffmann vom Champagnerhaus Bollinger nach Deutschland kam. Heute arbeitet er im Karthäuserhof im Ruwertal.

„Das Potential in Deutschland für Schaumwein ist groß“, sagt er. Erstmal klingt das ganz einfach: „Die Sonne schafft mit ihrer Energie Trauben. Mein Job ist es, diese Energie ins Glas zu bringen.“ Allerdings: „Jedes Mal, wenn ich dafür Maschinen benutze, geht etwas kaputt“, sagt er. Und damit sei es doch nicht so einfach.

Denn natürlich geht es um Details: „Die Frage ist, wie man die Trauben begleitet. Wie man sie bei der Ernte in die Kiste legt, wie sie transportiert werden. Auch beim Pressen kann viel falsch laufen.“ Das Wissen ist da und mehr Weingüter hierzulande nutzen es, um große Schaumweine zu produzieren, die ihren Wert haben.