Fall 3: Sonderlinsen werden derzeit nicht von der Krankenkasse bezahlt Grauer Star: Neue Zuzahlungsregelung angestrebt
Gerade mal 30 Jahre jung, wurde bei einer Schönebeckerin vor drei Jahren auf beiden Augen grauer Star diagnostiziert. Bei der jetzt nötig gewordenen Operation soll die getrübte Linse des rechten Auges durch ein künstliches Implantat ersetzt werden, mit dem sie dann wieder gut in die Ferne schauen könnte, aber im Nahbereich auf das vorhandene Sehvermögen verzichten müsste.
Es gibt natürlich Alternativen - denn auch nach der Operation des grauen Stars ohne Brille in Ferne und Nähe sehen, ist heute möglich - durch Implantation spezieller Premium-Intraokularlinsen, wie sie auch zur Korrektur von Hornhautverkrümmungen eingesetzt werden.
Auf Anraten ihrer Augenärztin beantragte die Schönebeckerin bei ihrer Krankenkasse also die Zustimmung zur Implantation einer speziellen multifokalen Linse, mit der sie im Unterschied zum Standardverfahren nach der Operation keine Brille benötigen würde. Eine solche Sonderlinse aber bezahlt die Krankenkasse nicht. Auch der Vorschlag der Versicherten, für die Differenz zwischen Standard- und Sonderlinse aus eigener Tasche aufzukommen, wurde abgelehnt. Dann müsste sie die gesamte Operation und sämtliche Nachsorgeuntersuchungen selbst finanzieren, teilte man ihr mit.
Nach OP schlechter sehen als derzeit
Damit gab sich die Mutter von zwei lebhaften kleinen Söhnen nicht zufrieden. Sie könne bei der Versorgung mit Standardlinse hinterher vielleicht schlechter sehen als jetzt und sich als Arbeitslose die Kosten für die dann nötige Brille nicht leisten, begründete sie ihren Widerspruch. Auch sehe sie sich nicht als "Standardfall", da grauer Star zumeist erst im Seniorenalter mit dem dann häufig schon schlechteren Sehvermögen auftrete und nicht bei Personen, die noch 30 Arbeitsjahre vor sich haben.
All diese Argumente nützten nichts. "Die beantragte Operation, bei der eine multifokale Linse eingesetzt werden soll, gehört nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung", teilte man der Leserin im Widerspruchsbescheid mit. Lediglich die chirurgische Behandlung eines Katarakts (grauer Star) mit Implantation einer monofokalen Standardlinse gehöre zu den ambulanten Operationen, die bei bestehender Indikation bzw. Funktionsminderung von der Kasse finanziert werden können. Verfahren der refraktiven Augenchirurgie dürften in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zu Lasten der GKV erbracht werden. Eine Ausnahme sei nur im Einzelfall möglich, wenn eine notstandsähnliche Situation vorliege. Das sei bei dieser Patientin nicht der Fall.
Man könne zwar deren Situation nachvollziehen, doch sei die Krankenkasse an die bestehende Rechtslage gebunden. "Für eine Einzelfallentscheidung liegen keine Gründe vor", so das Fazit der Krankenkasse. Wenn die Schönebeckerin sich für eine Sonderlinse entscheide, müsse sie die Kosten komplett selbst tragen. Auch der Berufsverband der Augenärzte vertrete die Auffassung, dass es nicht statthaft sei, eine Sonderlinse vom Patienten privat bezahlen zu lassen, während die Operation über die Krankenversicherungskarte abgerechnet wird, informierte die Kasse.
Dazu erbaten wir eine Stellungnahme vom Berufsverband der Augenärzte. Tatsächlich sei in diesem Fall nach geltendem Recht entschieden worden, teilte Pressesprecher Dr. Georg Eckert mit. Die Kassen seien einem Wirtschaftlichkeitsgebot unterworfen und dürfen nur eine ausreichende Versorgung bezahlen.
Nach bisherigem Recht gehe bei Sonderlinsen, die erhöhten Anforderungen genügen, damit die Gesamtoperation auch einschließlich notwendiger Vor- und Nachuntersuchung zu Lasten des Patienten. Jedoch werde derzeit eine Zuzahlungsregelung angestrebt, bei der der Patient nur noch den Unterschied zwischen Standard- und sogenannter Premiumlinse bezahlen müsse.
Dies hielten mittlerweile die meisten Parteien für zweckdienlicher, so der Hinweis auf mögliche künftige Regelungen.
(goe)