Impfungen gegen Windpocken verhindern auch den Ausbruch der schmerzhaften Gürtelrose Mehr als eine harmlose Kinderkrankheit
Winterzeit ist Windpockenzeit. Wer sich impfen lässt, ist gegen die Kinderkrankheit geschützt - und gleichzeitig gegen Gürtelrose. Doch eine einzige Impfung reicht nicht immer aus.
Köln (epd) l Katharina Heinrich war mehr als erstaunt, als sie bei ihrem fünfjährigen Sohn Jannis eines Morgens plötzlich viele rote Pöckchen entdeckte. An Gesicht und Bauch zählte sie rund 30 Flecken. "Natürlich habe ich sofort an eine Kinderkrankheit gedacht", sagt Heinrich. "Andererseits war er aber gegen alles geimpft." Doch eine Ärztin bestätigte den Verdacht auf Anhieb - Jannis hatte Windpocken, wenn auch eine milde Form. Seine beiden ebenfalls geimpften Geschwister hatte er nicht angesteckt.
Einer Studie der Yale School of Medicine zufolge sind Kinder nach einer Windpocken-Impfung zu 86 Prozent gegen die Erkrankung geschützt - erst nach einer zweiten Impfung ist der Schutz fast hundertprozentig.
Komplikationen, die zum Tode führen können
Seit 2004 wird in Deutschland eine Impfung empfohlen - davor gab es jährlich etwa 750 000 Windpockenerkrankungen. Die sogenannten Varizellen verbreiten sich beim Niesen und Husten, durch direkten Kontakt oder über infizierte Gegenstände.
Das hoch ansteckende Varizella-Zoster-Virus kann Entfernungen bis zu zehn Meter durch Luftschächte, offene Fenster und Korridore überwinden, woher sich der Name "Wind"-Pocken ableitet. Wer einmal an ihnen erkrankt war, ist für immer immun.
Besonders häufig kursieren Windpocken in den Winter- und Frühjahrsmonaten. Über die Gründe gibt es unterschiedliche Theorien. "Im Winter hat man einen engeren Kontakt zu seinen Mitmenschen", sagt der Infektionsepidemiologe Jens Verheyen vom Institut für Virologie der Uniklinik Köln.
Wer sich länger als eine Stunde mit einer infizierten Person in einem Raum aufhält und nicht geimpft ist, wird sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anstecken - bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem reichen schon zehn Minuten.
Dann dauert es zwei bis drei Wochen, bis die Krankheit ausbricht, mit Fieber, Mattigkeit, Kopfschmerzen und dem charakteristischen Hautausschlag. Ansteckend sind die Windpocken schon zwei Tage, bevor man sie sieht. Das macht das Virus besonders tückisch.
Zwar verläuft eine Windpockeninfektion bei Kindern in der Regel undramatisch. Erwachsene durchlaufen sie jedoch oft mit hohem Fieber, Erbrechen und Pusteln überall auf der Haut. Die Pocken verheilen normalerweise ohne Narbenbildung. "Allerdings juckt der Ausschlag, man kratzt sich, was zu Infektionen und zu Narben führen kann", sagt Verheyen.
Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes treten bei bis zu sechs Prozent der Infizierten einige Komplikationen ein. Dazu gehören beispielsweise sogenannte bakterielle Superinfektionen, Entzündungen des Gehirns, der Hirnhäute oder der Lunge. Das Institut geht bundesweit von etwa 25 bis 40 Todesfällen im Jahr aus.
Besonders gefährdet sind Schwangere, denn während einer Schwangerschaft kommt es deutlich häufiger zu gefährlichen Komplikationen bei der Mutter. Und auch beim ungeborenen Kind können - je nach Zeitpunkt der Infektion - schwere Defekte und Missbildungen auftreten, die in bis zu 25 bis 30 Prozent aller Fälle zum Tod des Kindes führen. "Etwa fünf Prozent aller Schwangeren sind nicht geschützt", sagt Jens Verheyen.
Doch Experten raten nicht nur Frauen mit Kinderwunsch zur Impfung: "Sie schützt alle Geimpften ein Leben lang nicht nur vor Windpocken, sondern auch vor Gürtelrose", sagt Tomas Jelinek vom Centrum für Reisemedizin CRM in Düsseldorf.
Die äußerst schmerzhafte Gürtelrose, ein streifenförmiger Hautausschlag meist auf einer Körperseite, wird ebenfalls durch das Varizella-Zoster-Virus ausgelöst. Nach einer Windpocken-Infektion verbleibt das Virus als "Schläfer" im Körper und kann noch viele Jahre später reaktiviert werden, wenn das Immunsystem geschwächt ist.
"Bis zum 80. Lebensjahr erkranken 50 Prozent der Bevölkerung an einer Gürtelrose", sagt Jelinek.