Medizinischer Sonntag über die Möglichkeiten, gefährliche Gefäßerkrankungen zu vermeiden Mit einem kleinen Eingriff an den Nierennerven den Bluthochdruck senken
Bluthochdruck ist ein Risikofaktor für Gefäßerkrankungen. Über die Therapien informierten Ärzte auf dem Medizinischen Sonntag - einer Gemeinschaftsveranstaltung des Uniklinikums, der Urania und der Volksstimme.
Magdeburg (use) l Etwa 16 Millionen Menschen in Deutschland haben Bluthochdruck. Und viele Patienten wissen oft viele Jahre lang nicht, dass sie betroffen sind, so Professor Peter Mertens, Direktor der Magdeburger Uniklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten. Hypertonie - so nennen Mediziner den Bluthochdruck - verursacht nämlich zunächst keine Beschwerden. So können unbemerkt Schäden an den Blutgefäßen entstehen, die beispielsweise zu einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall oder zum Nierenversagen führen. Fast jeder zweite Todesfall in Deutschland wird derzeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursacht, die mit Bluthochdruck in Zusammenhang stehen. Die gerade in Sachsen-Anhalt recht hohe Zahl tödlich verlaufender Herz-Kreislauf-Erkrankungen ließe sich vermutlich deutlich reduzieren, wenn Bluthochdruck vermieden werden könnte oder zumindest gut behandelt wird, so der Magdeburger Mediziner. Das gilt insbesondere für Menschen mit einem erhöhten Risiko wie Senioren, Übergewichtige, Diabetiker und Raucher.
120 zu 80 mm Hg gelten als die optimalen Zielwerte
Idealerweise sollte der Blutdruck 120 zu 80 mm Hg (gemessen in Millimeter auf der Quecksilbersäule) betragen. Frühere Umrechnungsformeln, die bei der Bewertung des Blutdrucks das Alter des Patienten berücksichtigen, gelten als medizinisch überholt und werden nicht mehr angewendet. In Einzelfällen, auf die Prof. Mertens einging, kann es jedoch ratsam sein, den Blutdruck nicht zu aggressiv zu senken.
Ein einmalig hoher Wert muss noch kein Grund zur Besorgnis sein. Denn wie der Pulsschlag unterliegt auch der normale Blutdruck natürlichen Schwankungen, abhängig von der körperlichen und psychischen Belastung. Eine objektive Möglichkeit, um beurteilen zu können, ob eine Hypertonie vorliegt oder nicht, ist die 24-Stunden-Messung. Dazu erhält der Patient ein tragbares Messgerät, das einen Tag lang in regelmäßigen Abständen automatisch den Blutdruck misst und aufzeichnet. Liegen die Werte dauerhaft über der Norm, und konnte eine eindeutige organische Ursache ausgeschlossen werden, wird man zunächst die Lebensgewohnheiten korrigieren, z.B. nicht mehr rauchen, keine salzreiche Kost, Kalorienreduktion und regelmäßige Bewegung.
Durch ein angepasstes körperliches Training in Absprache mit dem Arzt, einem Rauchstopp und einer moderaten Gewichtsabnahme können Patienten oft schon viel Gutes tun. Reichen diese Maßnahmen allein nicht aus, wird der Arzt zusätzlich Medikamente verschreiben.
Die Mediziner unterscheiden dabei Medikamente aus fünf verschiedenen Wirkstoffgruppen, die auf verschiedene Weise den Blutdruck senken und zur besseren Wirkung miteinander kombiniert werden können.
Diuretika - von Patienten oft als "Wassertabletten" bezeichnet - wirken durch eine vermehrte Urinausscheidung.
Beta-Blocker hemmen die Wirkungen von Stresshormonen (Adrenalin und Noradrenalin) was den Herzschlag reduziert und Blutdruck senkt.
Kalzium-Antagonisten unterdrücken das Einwandern von Kalzium-Ionen in Blutgefäßzellen, was ebenfalls den Blutdruck reduziert.
ACE-Hemmer und die Alpha-1-Blocker hemmen ein körpereigenes Enzym, das für die Bildung des blutdrucksteigenden Botenstoffs Angiotensin II sorgt. Indem Angiotensin II unterdrückt wird, sinkt der Blutdruck.
Die Medikamente können unterschiedliche Nebenwirkungen verursachen, die individuell verschieden ausfallen. Ein Problem ist, wenn Patienten ihre Medikamente nicht nehmen, weil sie sich durch die Nebenwirkungen schlechter als vorher fühlen. Mitunter kann es einige Zeit dauern, bis eine optimale Kombination in Absprache zwischen Patient und Arzt gefunden ist.
Chancen und Grenzen von Mikrotherapien
Ausführlich berichtete Professor Dr. Jens Ricke, Direktor der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin, über die Einsatzmöglichkeiten und Grenzen minimalinvasiver Verfahren, um Bluthochdruck zu behandeln. So hat sich zum Beispiel gezeigt, dass durch Blockierung von Nierennervenbahnen der Blutdruck gesenkt werden kann. Bei der sogenannten Nierengefäß-Nervenausschaltung schiebt der Arzt einen dünnen Draht (Katheter) von der Leiste bis zur Nierenarterie und verödet dann mit kurzen Stromimpulsen einen Teil der zum Gehirn führenden Sympathikus-Nervenbahnen. Dadurch werden vom Gehirn weniger Stresshormone gebildet. Die Niere kann Kochsalz und Wasser besser ausscheiden und damit sinkt der Blutdruck.
In den vergangenen Jahren wurde die Nervenausschaltung durch CT-Kontrolle und Injektionen von Ethylalkohol schonender für den Patienten. Die Mehrzahl der minimalinvasiv behandelten Patienten hatte nach der Therapie bessere Blutdruckwerte, fasste Prof. Ricke die bisherigen internationalen Studienergebnisse zusammen. Außerdem wurden positive Effekte auf den Zuckerstoffwechsel festgestellt. Die Mikrotherapien können bislang aber die weitere Einnahme von Medikamenten noch nicht vollständig ersetzen. Und sie sind für Patienten mit Vorschäden am Herzen meist nicht geeignet. Der Eingriff sollte nur nach vorhergehender gründlicher Diagnostik durchgeführt werden, so die Ärzte. Dazu gehört es unter anderen, Verengungen der Nierenarterie, Nebennierenerkrankungen, Atemstörungen beim Schlafen (Schlafapnoe), Medikamentennebenwirkungen und hormonelle Störungen als Ursachen für den Bluthochdruck sicher auszuschließen.
Der nächste Medizinische Sonntag findet am 24. März statt. Thema: Strahlentherapie