Fall 1: Schullaufbahnempfehlung Nach Rücksprache klappt es doch mit dem Gymnasium
Am Timmendorfer Strand starten Paul und Robert in die Sommerferien. Bei einer Mutter-Kind-Kur erholen sich die beiden Zehnjährigen gerade von den Anstrengungen des zurückliegenden Schuljahres und tanken Kraft für das neue. Die können beide gebrauchen, denn die Zwillinge wechseln im August von der Grundschule aufs Gymnasium.
Dass die Brüder weiter gemeinsam zur Schule gehen können, war bis vor kurzem aber noch sehr ungewiss. Einer von beiden hatte keine Empfehlung fürs Gymnasium erhalten. In Deutsch und Mathe erschienen den Lehrern die Leistungen des Jungen nicht ganz ausreichend. Der Elternwille spielte bei dieser Entscheidung keine Rolle.
"Unser Sohn hat sich sehr bemüht, gute Leistungen zu bringen, damit er zum Gymnasium gehen kann. Dieser psychische Druck lastet auf den Kindern ab dem ersten Tag der 4. Klasse. Unser Sohn ist daran fast zerbrochen. Warum tut die Landesregierung den Kindern so etwas an?", fragten sie, denn ihr Antrag wurde vom Kultusministerium gerade negativ beschieden. "Kinder, die willig sind, gute Leistungen zu erbringen, sollten doch gefördert werden", schrieben die Eltern in der Hoffnung, dass doch noch beide Jungs eine gymnasiale Chance bekommen. Denn für den einen Sohn komme die Zwillingskonkurrenz ja noch erschwerend hinzu, da sein Bruder die Empfehlung fürs Gymnasium erhalten habe.
Nach Rücksprache mit der Grundschule können nun doch beide ab kommendem Schuljahr die weiterführende Schule besuchen, teilte das Kultusministerium auf Anfrage der Volksstimme mit - worüber die Eltern und vor allem die beiden Zwillinge sehr erfreut sind.
Denn gegenwärtig können Eltern in Sachsen-Anhalt bisher noch nicht über den Übertritt ihres Kindes in das Gymnasium entscheiden. Nach der Regelung zur Schullaufbahnempfehlung ist dies bislang an festgelegte Lernleistungsergebnisse gebunden. Das soll sich aber ändern. Vorgesehen ist, dass die Eltern künftig auf der Grundlage einer Schullaufbahnempfehlung beraten werden und dann die Entscheidung für ihre Kinder treffen, so die Auskunft aus dem Kultusministerium. Für diese Neuregelung sei aber erst noch eine Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt erforderlich, die für jene Schülerinnen und Schüler greifen soll, die ab Schuljahr 2011/12 den vierten Schuljahrgang besuchen werden.
Die Eltern von Robert und Paul freut nicht nur, dass ihre eigenen Söhne nun zusammen das Gymnasium besuchen können, sondern dass alle Eltern bei dieser Entscheidung künftig mehr mitreden können. Noch besser wäre ihrer Ansicht nach aber längeres gemeinsames Lernen der Kinder. "Mit zehn Jahren werden für sie schon die Weichen gestellt. Das ist sehr früh und das kindliche Gemüt wird sehr beansprucht", wissen sie aus eigener Erfahrung mit ihren Söhnen.