Jedes fünfte Kind wird mit "Taxi Mama" chauffiert / Mit den Abc-Schützen den Probelauf üben Schulweg: Lieber länger als gefährlich
Um den sicheren Schulweg geht es im zweiten Teil der Reihe von Volksstimme und Techniker Krankenkasse "Alles auf Schulanfang".
Magdeburg (rgm/dapd) l Mädchen und Jungen auf ihrem Schulweg. Sie sind vergnügt, necken sich, sind abgelenkt. Schnell passiert ein Unfall. Auf ihrem Schulweg verunglückten in Sachsen-Anhalt 2011 im Januar und Februar jeweils fünf Mädchen und Jungen, im März 14, im April elf, im Mai 20, im Juni neun, im Juli fünf und im August drei Kinder. Mit Beginn des neuen Schuljahres 2011/2012 weist die Statistik im September 21 Verkehrsunfälle auf dem Schulweg aus, im Oktober 15, im November 16 und im Dezember elf. Im ersten Halbjahr 2012 ist ein Kind in Sachsen-Anhalt auf seinem Schulweg getötet worden, bis Juni wurden 54 verletzt. Nüchterne Zahlen, hinter denen Leid und Schmerz stehen. Deshalb gehört das Üben des sicheren Schulwegs zu den wichtigsten Aufgaben der Eltern von Abc-Schützen.
Wegen des Unfallrisikos bringen Eltern ihre Kinder gern mit dem Auto zur Schule. Heute regiert "Taxi Mama" den Alltag: Eltern packen ihre Sprösslinge morgens ins Auto und düsen mit ihnen zur Schule. Vor den Grundschultoren stauen sich die Familienkutschen, Kinder klettern aus den Autos und schlängeln sich an den haltenden Fahrzeugen vorbei Richtung Unterricht. Jedes fünfte Grundschulkind wird mittlerweile mit dem Auto in die Schule chauffiert. Das zeigt eine Elternumfrage des Forsa-Instituts. Doch genau das ist falsch, wie Hannelore Herlan von der Deutschen Verkehrswacht betont. "Es verunglücken mehr Kinder im elterlichen Auto als sonst wo im Straßenverkehr."
Gibt es keine Alternative zum Schulweg per Auto, sollten Eltern den Kinder-sitz in ihrem Wagen am besten so montieren, dass die Kleinen zum Fußweg hin aussteigen können und möglichst keine Straße mehr überqueren müssen.
Kindersitze sind bis zum zwölften Geburtstag oder einer Körpergröße von 150 Zentimetern Pflicht. Aus gutem Grund: Der Erwachsenengurt allein reicht nicht aus, um das Kind zu sichern. Bei einem Unfall kann der Gurt am Bauch oder Hals tief einschneiden und das Kind so schwer verletzen.
Immerhin 50 Prozent der Grundschüler gehen noch immer zu Fuß zur Schule. Deshalb raten Verkehrsexperten mit den Schulanfängern frühzeitig den sichersten Schulweg einzuüben. Wichtig ist, dass Kinder auf dem Schulweg möglichst wenig Straßen und Ausfahrten überqueren müssen, auch wenn das einen kleinen Umweg bedeutet. Rechtzeitig vor der Einschulung sollten die Eltern gemeinsam mit ihrem Kind die ausgewählte Strecke ablaufen, am besten zu den Zeiten, zu denen das Kind auch später unterwegs ist. "Insbesondere das richtige Verhalten an Ampeln und Zebrastreifen müssen Kinder üben", sagt Thomas Holm, Leiter der TK-Prävention. "Dabei ist es sehr wichtig, dass die Kinder lernen, auch bei grün immer nach links und rechts zu schauen, um sich zu vergewissern, dass die Autos wirklich anhalten." Wichtig ist es, den Nachwuchs darauf hinzuweisen, dass der kürzeste nicht unbedingt der sicherste Weg ist.
Hilfreich ist nach Angaben des ADAC ein Schulwegplan der jeweiligen Schule, der bei der Schulverwaltung zu erfragen ist. Auf diesem Plan sind die gefährlichsten Stellen vermerkt. Er bildet die Basis für die Wahl des Weges. Straßen werden am besten an einer Ampel überquert, auch wenn dies einen Umweg bedeutet. Besondere Vorsicht gilt bei abbiegenden Fahrzeugen sowie an Zebrastreifen - darauf müssen die Kinder ausdrücklich hingewiesen werden. Sie sollten außerdem wissen, dass eine Straße niemals zwischen parkenden Autos, sondern nur an übersichtlichen Stellen zu überqueren ist.
"Angst macht Kinder unsicher."
Da Kinder ihr Verhalten größtenteils durch Nachahmung lernen, ist die Vorbildfunktion der Eltern auf der Straße besonders wichtig. Wenn Mama oder Papa hin und wieder mal bei Rot über die Ampel flitzen, wird das Kind das möglicherweise auch tun.
An den ersten Schultagen begleiten Mutter oder Vater beziehungsweise Oma oder Opa die Abc-Schützen am besten auf ihrem Schulweg. Kennt das Kind die Strecke und die Verkehrsverhältnisse, kann es auch alleine gehen, am besten in einer Gruppe mit Nachbarskindern. Kleiner Trick für den Übergang: Die Eltern können ihr Kind den Schulweg vorgehen lassen und folgen ihm mit etwas Abstand. So können sie überprüfen, wie sicher ihr Kind sich auf dem Schulweg verhält. "Machen Sie Ihrem Sprössling aber keine Angst vor dem Straßenverkehr", rät Thomas Holm. "Angst macht unsicher. Wer die Regeln kennt und beachtet, der kommt auch sicher an." Wichtig ist ebenfalls, dass die Schulkinder morgens rechtzeitig starten, so dass sie nicht in Zeitdruck kommen.
Egal, ob das Schulkind zu Fuß in die Schule geht, mit dem Bus fährt oder mit dem Auto gebracht wird, eines gilt für alle: Es sollte auffällige und helle Kleidung tragen. Gerade wenn es im Herbst morgens länger dunkel bleibt, sind zudem Reflektoren an Ranzen und Jacke sehr empfehlenswert.
(Teil 3 am Montag: "Der richtige Ranzen")