Erstaunliche Taktik Spinnen-Männchen verführen Teenager, um Paarung zu überleben
Für viele Spinnenmännchen endet mit der Paarung auch das Leben. Doch bei zwei Arten haben sie eine Strategie entwickelt, um mehrmals zum Zug zu kommen.
Toronto (dpa) - Bei Spinnen aus der Familie der Echten Witwen haben die Männchen eine erstaunliche Taktik, um die für sie oft tödliche Kopulation zu überleben: Sie paaren sich mit Weibchen, die noch nicht voll ausgereift sind und kein kannibalistisches Verhalten an den Tag legen.
Das zeigt eine Studie im Fachblatt Biology Letters der britischen Royal Society. Diese Strategie erweist sich für die Männchen sowohl deshalb als vorteilhaft, weil sie die Paarung überleben, als auch, weil sie sich wiederholt fortpflanzen können. Denn die jungen Weibchen lagern ihr Sperma in ihren noch nicht ausgereiften Genitalien und nutzen es zur Befruchtung, wenn sie ausgewachsen sind.
Insgesamt umfasst die Gattung der Echten Witwen (Latrodectus), die rund um den Globus vertreten sind, über 30 Arten. Ihr Name basiert auf der Tatsache, dass die Spinnenweibchen ihre männlichen Verehrer nach der Paarung häufig auffressen - sie machen sich selbst zur Witwe. Wie die Wissenschaftler um die Zoologin Maydianne Andrade von der kanadischen Universität von Toronto Scarborough nun herausfanden, entgehen bei zwei Spinnenarten einige Männchen dem mit der Kopulation drohenden Tod, indem sie sich mit noch nicht geschlechtsreifen Weibchen vor deren letzter Häutung paaren.
Dabei durchbohren die Männchen der Rotrückenspinnen (Latrodectus hasselti) sowie der Braunen Witwen (Latrodectus geometricus) das Exoskelett der weiblichen Jungtiere, um an deren neu entwickelte Speicherorgane für das Sperma zu gelangen. Die Weibchen behalten das Sperma über ihre letzte Häutung hinaus und zeigen eine ähnliche Fruchtbarkeit wie ihre ausgewachsenen Artgenossinnen. Ein Drittel der in freier Wildbahn eingesammelten, noch nicht ausgereiften, weiblichen Rotrückenspinnen waren auf diese Weise bereits verpaart, so ein Ergebnis der Studie.
Allerdings ist das Zeitfenster für die Männchen eng, wie die Forscher betonen: Tatsächlich sinkt das Risiko, gefressen zu werden, nur bei jenen Weibchen, die vor ihrer letzten Häutung stehen. Sowohl jüngere als auch ältere Weibchen neigen hingegen dazu, ihre Verehrer zu verspeisen. Entsprechend hänge der Erfolg der Männchen davon ab, ob sie in der Lage sind, das Entwicklungsstadium der potenziellen Partnerinnen zu erkennen.
Diese Taktik ist nur eine von vielen Strategien, mit denen Spinnenmännchen versuchen, dem Tod nach der Kopulation zu entgehen oder zumindest ihren Fortpflanzungserfolg sicherzustellen. So ergab kürzlich eine Studie der dänischen Aarhus Universität, dass sich Listspinnen ihr Fortleben nach dem Sex mit Brautgeschenken in Form von kulinarischen Leckerbissen erkaufen. Männchen der Opuntienspinne, so eine Studie der Ben-Gurion-Universität des Negev, entkommen zwar nicht dem kannibalistischen Drang ihrer Partnerinnen, bevorzugen diese aber zumindest jung und üppig, da dies mehr Nachwuchs verspricht. Bei der Westlichen Schwarzen Witwe zerstören die Männchen hingegen die mit Pheromonen behandelten Netze der Weibchen, damit diese keine weiteren Konkurrenten mehr anlocken, so das Ergebnis einer Untersuchung der kanadischen Simon Fraser University.
Auch die aktuelle Studie macht deutlich, wie gewieft einige Spinnenmännchen mit dem tödlichen Selektionsdruck ihrer Art umgehen. Entsprechend erkläre sich auch, dass etwa Rotrückenspinnen- und Braune Witwen-Männchen - anders als andere monogame Arten - auch nach erfolgreicher und überlebter Paarung weiter Sperma produzieren. Die Forscher vermuten, dass die Besamung von eigentlich noch nicht ausgereiften Weibchen eine Strategie ist, die sich bei vielen Spinnen- und Insektenarten findet.