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Auch Alter, Erkrankungen und Ernährung beeinflussen die Heilung Werden Wunden richtig versorgt, heilen sie auch gut

Von Barbara Erbe 22.07.2011, 04:28

Ob beim Schnitt in den Daumen, bei der blutenden Platzwunde oder auch nach einer Operation: Wie eine Wunde – vor allem am Anfang – versorgt wird, entscheidet darüber, wie gut und wie schnell sie verheilt.

Lübeck/Witten (dapd). "Bei kleineren Wunden reicht ein sauberes Pflaster, dann erneuert sich die Haut innerhalb einer Woche wieder", berichtet der Dermatologe Ulrich Klein, Mitbegründer des Wundzentrums Witten. Wundgele oder spezielle Pflaster befördern zusätzlich die Heilung und stellen eine Barriere gegen Keime von außen dar. Da neu gebildete Haut noch sehr empfindlich und abwehrschwach ist, empfiehlt Klein, sie anfangs mit einer Pflegesalbe, beispielsweise mit dem Wirkstoff Dexpanthenol, einzucremen.

Die häufigsten Alltagswunden in seiner Praxis seien jedoch nicht Schnitt-, sondern Brandwunden durch kochendes Wasser, Bügeleisen und andere Haushaltsgeräte. "Hier ist vor allem sofortiges Kühlen wichtig – mindestens einige Minuten lang unter kaltem Wasser." Ist die Haut anschließend lediglich gerötet, reiche für die kommenden Tage ein wenig Hautcreme. Bildet sich aber Eiter, färbt sich die Umgebung der Wunde rot oder entsteht gar ein roter Strich, deute das auf eine Entzündung der Lymphbahnen hin, die schlimmstenfalls zu einer Blutvergiftung führen könne. "Hier ist auf jeden Fall ein Arztbesuch nötig."

Dasselbe gilt für stark blutende oder klaffende Wunden. "Innerhalb der ersten ein, zwei Stunden kann noch direkt genäht werden, danach wird wegen der Infektionsgefahr immer ein Wundrand abgeschnitten – es zählt also jede Minute." Die Blutung sollte so schnell wie möglich mit Hilfe einer sterilen Kompresse oder eines sauberen Tuchs gestoppt, die betroffene Körperstelle hoch gelagert werden. "Blutet es dann immer noch, ist das ein Fall für den Rettungsdienst." Auch Wunden im Gesicht sollten innerhalb von sechs Stunden ärztlich begutachtet werden, da sie eventuell genäht, mit einem speziellen Pflaster gestrippt oder geklammert werden müssen.

Abgesehen von der Erstversorgung gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die beeinflussen, wie gut oder schlecht eine Wunde verheilt, wie Liane Beyer, Wundmanagerin bei den Sana Kliniken Lübeck, weiß. Da ist zunächst einmal das Lebensalter: "Mit den Jahren nimmt die Fähigkeit der Haut, sich zu erneuern, ab, so dass Verletzungen bei Älteren schlechter heilen als bei Kindern oder jungen Erwachsenen." Auch Medikamente können die Wundheilung empfindlich stören, etwa Rheumamittel oder Krebsmedikamente. Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes, aber auch Durchblutungsstörungen, Schwächen des Immunsystems oder Wassereinlagerungen beeinflussen den Heilungsprozess. "Deshalb ist es wichtig, die Ärztin oder den Arzt darüber zu informieren", betont Beyer.

Schließlich spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Um neues Gewebe zu produzieren, brauche der Körper mehr Eiweiß als normalerweise, erklärt Dermatologe Klein: "Aber auch Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe sind für den Heilungsprozess vermehrt nötig." Menschen mit Übergewicht dagegen neigen zu Wundheilungsstörungen. Der Grund: Fettgewebe ist schlechter durchblutet, so dass weniger Nährstoffe und Sauerstoff an die Wunde kommen und Stoffwechselendprodukte langsamer abtransportiert werden. Sind die Beine stark geschwollen, wird die Haut zusätzlich überdehnt.

Ein zunehmendes Problem sieht der Wundexperte in der steigenden Zahl chronischer Wunden wie etwa Erkrankungen der Beinvenen und -arterien ("offenes Bein") oder Liegegeschwüren. "Rund drei Millionen Menschen leiden in Deutschland daran, Tendenz steigend." Gerade bei Älteren entstehe durch einen leichten Stoß oder eine Druckstelle schnell eine kleine Wunde. Verheilt sie innerhalb von zwei Wochen nicht oder wird sogar größer, "sollten Betroffene zum Arzt gehen", rät Klein. "Das gleiche gilt, wenn die Wunde ¿einfach so‘, ohne einen offensichtlichen Grund entsteht." Um zu verhindern, dass sich solch eine Verletzung weiter entzündet, sollte man nicht selbst an der Stelle "herumdoktern", betont der Experte. "Schon gar nicht mit Salben und Tinkturen, denn oft entstehen auf diese Art zusätzliche allergische Ekzeme."

Mit Hilfe von Ultraschall, Venendruckmessung, Blutuntersuchung, Gewebeprobe oder Kontrastmitteluntersuchung könne ein Arzt die Ursachen des Geschwürs feststellen. "Dann reinigt er die Wunde und sorgt mit Salben oder einem scharfen Löffel dafür, dass sich fest haftende Beläge auflösen." Sei das Gewebe von Bakterien befallen, könnten Antibiotika helfen. "Die Behandlung chronischer Wunden hat in den vergangenen Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht", versichert auch Wundmanagerin Beyer. "Es gibt enorm saugfähige Wundauflagen, keimtötende Pflaster und welche, die den Geruch aufnehmen, es gibt Produkte für Allergiker – jeden Tag kommt etwas Neues auf den Markt. Zögern Sie auch deshalb nicht, nach einem Spezialisten zu fragen, wenn sie das Gefühl haben, dass sich bei Ihrer Wunde nichts tut."