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Leichathletik Jessica Graf peilt die vier Meter an

Die frühere Mehrkämpferin vom MSC will im Stabhochsprung hoch hinaus.

Von Daniel Hübner 20.07.2016, 01:01

Magdeburg l Als Jessica Graf 2011 vom SC Magdeburg zum Mitteldeutschen Sportclub (MSC) gewechselt war, war an Stabhochsprung als Spezialdisziplin noch nicht zu denken. Zunächst musste sich die damalige Mehrkämpferin einer Operation am rechten Knie unterziehen, weil die Kniescheibe nicht in der richtigen Bahn gelegen hatte. Bedenken, dass der Eingriff letztlich auch das Aus ihrer sportlichen Laufbahn bedeuten könnte, hatte sie trotzdem nicht: „Ich musste eben nur etwas Geduld haben, und das hat sich letztlich ausgezahlt“, erklärt die 21-Jährige.

Am vergangenen Wochenende zahlte sich die Geduld mit einem neuen Landesrekord für Sachsen-Anhalt aus. Die Studentin der Sozialwissenschaft übersprang beim Meeting im sächsischen Frankenberg 3,72 Meter mit dem Stab und blieb damit acht Zentimeter über der bisherigen Bestmarke von Luise Großmann (SCM). Ihren eigenen Rekord hatte Graf sogar gleich um zwölf Zentimeter überboten. Und so darf es immer weitergehen, denn eines Tages will Graf sich bei den deutschen Meisterschaften mit den Etablierten wie Martina Strutz (Schwerin) oder Lisa Ryzik (Ludwigshafen) messen, die mit je 4,70 Metern die deutsche Rangliste 2016 anführen.

Graf ist erst vor drei Jahren zum Stabhochsprung gekommen. Nach erfolgreicher Genesung des Knies wurde die 1,68 Meter große junge Frau von MSC-Trainer Hans-Ulrich Riecke dazu animiert. „Und weil ich mich nicht ganz blöd angestellt habe, haben wir uns entschieden, es weiter zu intensivieren“, berichtet sie. Von Anfang an war auch der Respekt da. „Nur Angst, die darf man nicht haben“, betont Graf. „Dann hat man beim Stabhochsprung gleich verloren.“

Auch das Beispiel Kira Grünberg hat ihr den Mut nicht genommen, obwohl sie sich zunächst Zeit genommen hatte, um sich über das Schicksal der Österreicherin zu belesen. Grünberg ist seit einem Trainingsunfall im 30. Juli 2015 querschnittsgelähmt. Sie war aus vier Metern unglücklich in den Einstichkasten für den Stab gefallen. „Das ist mir sehr nahe gegangen“, erklärt Jessica Graf. „Aber letztlich muss man sagen: Das sind eben die Dinge im Sport, die einfach passieren können.“

In ihrer Disziplin passiert zuweilen ein Stabbruch: Ihren ersten (und bislang letzten) hatte sie in der laufenden Saison, und dies beim ersten Wettkampf in Berlin. Auf einem Foto bei Facebook posiert sie mit dem zerbrochenen Gerät und lächelt. Sie sagt: „Das hatte ich mir schlimmer vorgestellt.“ Es war zugleich das erste Mal, dass sie einen härteren Stab ausprobiert hatte, denn den wird sie künftig benötigen, um höher springen zu können, „weil er nach dem Einstich nicht so lange in der Biege bleibt wie ein weicherer Stab und mich damit höher schiebt“, erklärt Graf. Zum Landesrekord allerdings hatte sie auf den weicheren zurückgegriffen. „Wir hatten in Frankenberg Gegenwind. Da war es genau die richtige Entscheidung.“

Am kommenden Wochenende bestreitet sie wieder einen Wettkampf in Berlin. Und wer weiß, in welche Höhen sie der harte oder weiche Stab – je nach Bedingungen – diesmal bringen wird. Mit ihrem Landesrekord „bin ich jetzt in den Top Ten der deutschen U 23“, erklärt Graf. „Und die vier Meter sind für mich in Reichweite.“