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Leichtathletik-DM Almas und Mihambo mischen Geistermeisterschaften auf

Die 120. deutschen Leichtathletik-Meisterschaften waren die wohl ungewöhnlichsten - so ganz ohne Zuschauer. Immerhin stellte sich auch Malaika Mihambo beim Höhepunkt einer kümmerlichen Saison.

Von Ulrike John und Andreas Schirmer, dpa 09.08.2020, 17:51
Michael Kappeler
Michael Kappeler dpa

Braunschweig (dpa) - Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo als Topstar und Deniz Almas als neue Sprinthoffnung haben den trostlosen Geistermeisterschaften der Leichtathleten etwas Glanz verliehen.

Bei den Not-Titelkämpfen konnten sich die Sportler in der Corona-Krise immerhin mal wieder im Fernsehen zeigen - taten sich vor leeren Rängen am Wochenende im Braunschweiger Eintracht-Stadion aber schwer.

Die "Sportlerin des Jahres" Mihambo von der LG Kurpfalz kam mit verkürztem Anlauf - 16 statt 20 Schritte - auf dem ungewohnten Anlaufsteg auf immerhin 6,71 Meter und gewann. Bei der WM in Doha war die 26-Jährige 7,30 Meter hinaus geflogen. "Es hat gut geklappt mit den 16 Schritten. Der Wind war aber schwierig und böig geworden", sagte Mihambo im ZDF. "Die deutschen Meisterschaften hatten einen symbolischen Wert."

Der Wolfsburger Almas siegte über 100 Meter in starken 10,09 Sekunden - und ist damit momentan Europas Schnellster. Einen wie Almas, der sich auf Instagram selbst "#turbotürke" nennt, könnte der Deutsche Leichtathletik-Verband in seiner eher notleidenden Sprintersparte bei Olympia dringend brauchen.

Am Sonntag ragte bei den reduzierten Starterfeldern der Leverkusener Stabhochsprung-Sieger Bo Kanda Lita Baehre mit der persönlichen Bestleistung von 5,75 Meter heraus.

Das Duell der Weltklasse-Speerwerfer zwischen Johannes Vetter (Offenburg) und Andreas Hofmann (Mannheim) gewann der Weltmeister von 2017 mit der deutschen Jahresbestweite von 87,36 Metern deutlich. Der zuletzt angeschlagene Titelverteidiger Hofmann kam nur auf 77,35 Meter. Olympiasieger Thomas Röhler hatte auf einen Start verzichtet.

Mit einem 45-seitigen Hygienekonzept stemmte der DLV die Meisterschaften - auch um einen finanziellen Verlust im hohen sechsstelligen Bereich zu vermeiden. "Der DLV hat gezeigt, dass auch in Krisenzeiten Veranstaltungen gut organisiert werden können. Schade, dass aufgrund der Corona-Auflagen keine Zuschauer im Stadion sein konnten", bilanzierte Präsident Jürgen Kessing.

Höchstens 999 Personen durften gleichzeitig in der Arena sein: Kampfrichter trugen Mundnasenschutz, die Athleten gingen sich - bis auf in den Wettkämpfen - so weit wie möglich aus dem Weg. Viel Musikgedudel und Ansagen aus Lautsprechern, Startschüsse, das Scheppern von Hürden und das Gebrüll der wenigen Trainer - mehr war nicht zu hören. "So still, das war schon irgendwie gespenstisch", sagte der frühere Zehnkampf-Star Frank Busemann, der als ARD-Experte ins Stadion durfte.

So war der Jubelschrei von Almas überall zu hören, als der 23-Jährige am Samstag seinen ersten 100-Meter-Titel eroberte. Der gebürtige Schwarzwälder - seine Mutter ist Deutsche, sein Vater Türke - hatte vor einer Woche in Weinheim schon mit 10,08 Sekunden überrascht. Es sind die schnellsten Zeiten seit Julian Reus' deutschem Rekord von 10,01 Sekunden vor vier Jahren. Der 32 Jahre alte Erfurter musste als Dritter in 10,26 Sekunden auch noch den Kölner Joshua Hartmann (10,23) ziehen lassen.

"Die Rolle des Favoriten fällt mir immer leichter, weil ich durch meine guten Zeiten Selbstbewusstsein gesammelt habe. Ich weiß jetzt, was ich kann", sagte der strahlende Almas. Bei den Frauen durfte sich Lisa Marie Kwayie erstmals als 100-Meter-Meisterin feiern lassen. Die Berlinerin lag nach 11,30 Sekunden knapp vor Rebekka Haase aus Wetzlar. "Wir hatten in der Corona-Zeit einfach viel mehr Zeit - und die haben wir gut genutzt", sagte die Berlinerin.

Für Kwayie, Almas, Mihambo und all die anderen gab es nicht einmal Siegerehrungen: Alle Medaillengewinner und Platzierten mussten Plaketten und Urkunden im Wettkampfbüro abholen.

Ganz bitter endeten die ungewöhnlichen Titelkämpfe für die erfolgsverwöhnte Europameisterin und WM-Dritte Gesa Krause. Die 28-Jährige vom Verein Silvesterlauf Trier verpasste nicht nur ihren sechsten Meisterschaftssieg hintereinander über 3000 Meter Hindernis, sondern stieg nach 2000 Meter entkräftet aus. "Es ist für mich schwer in Worte zu fassen. Das ist natürlich erst mal eine große Enttäuschung", sagte sie ratlos.

© dpa-infocom, dpa:200809-99-99328/3

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