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Tokio 2021 Speerwurf-Ass Röhler will wieder Olympia-Gold

Olympiasieger Thomas Röhler hat 2020 keine Wettkämpfe bestritten und ist damit ein Wagnis eingegangen. Dennoch will er im Olympia-Jahr gestärkt zurückkehren und Gold holen - bei Tokio-Spielen, die für ihn wegen der Pandemie "sehr diskutable Spiele werden" würden.

Von Andreas Schirmer, dpa 29.01.2021, 10:11
Jan Woitas
Jan Woitas dpa-Zentralbild

Frankfurt/Main (dpa) - Die Antwort hat Thomas Röhler so schnell parat, wie sein Speer in die Luft schnellt. "Warum denn nicht?", lautet seine Replik auf die Frage, ob er angesichts der Corona-Krise zweifelsfrei den Anspruch hat, wieder Olympiasieger werden zu wollen.

"Ich sage nicht, nichts anderes als der Sieg macht mich glücklich", erklärte der 29 Jahre alte Werfer vom LC Jena, der 2016 in Rio Olympia-Gold gewann. "Wenn man einmal der Champion gewesen ist, will man es immer sein. Das ist für mich ein ganz gesundes Ziel."

Die Vorbereitung auf die Sommerspiele vom 23. Juli bis 8. August in Tokio hat er extrem zurückgezogen betrieben - nicht ohne Risiko, da er im vergangenen Jahr bei keinem einzigen Meeting gestartet ist. "Die Entscheidung, die Wettkämpfe auszulassen, hat nicht jeder verstanden", sagt Röhler, der im Juli 2019 erstmals Vater wurde. Stattdessen habe er extrem viel trainiert, dabei "110-prozentige Belastungen" weggelassen. "Genau da habe ich die Chance gewittert, dass ich die sportliche Karriere durch so ein Jahr verlängern kann", meint der 90-Meter-Werfer. Man müsse in fünf, sechs Jahren noch einmal darüber sprechen, ob es die richtige Entscheidung war.

"So ein erfahrener Athlet wie Thomas Röhler kann auch mal über einen längeren Zeitraum ohne hochklassige Wettkämpfe auskommen. Das würde ich nicht als Problem sehen", sagt Bundestrainer Boris Obergföll. "Und wie ich das aus Gesprächen mit ihm hören kann, ist er da sehr konsequent und mit großer Motivation wie jedes Jahr dabei."

Den Speer hat Röhler monatelang nicht in die Hand genommen, erst im März soll er wieder fliegen. Bis dahin macht er Kraft, schult die koordinativen Fähigkeiten - so gut wie allein - in der Trainingshalle oder analysiert seine Technik anhand von Videos. "Es ist schwierig, aber meine normale Sportrealität", so Röhler. "Dennoch ernten wir die Lorbeeren im Training und sind da auf höchstem Niveau unterwegs."

Rein sportlich sei er "höchst motiviert und auch guter Dinge für dieses Jahr." Das einsame Schuften in der Corona-Krise verkraftet er auch mental gut. "Toi, toi, toi bin ich nicht am Anfang oder Ende meiner Karriere. Ich weiß, wie man sich selbst motiviert und Freude am Training hat", meint er.

Das Wettkampf-Comeback ist am 19. Mai in Ostrava geplant. Erst dann wird sich zeigen, ob sein Konzept aufgehen und er seinem Rivalen um Olympia-Gold, Johannes Vetter, Paroli bieten kann. Der Offenburger hatte im September 2020 mit 97,76 Metern die zweitbeste jemals erzielte Weite geworfen. "Das ist definitiv herausfordernd", sagt Röhler. Er sei auch gespannt, wie alle anderen Werfer herauskommen werden. "Die sind Black Boxen, wie ich eine bin. Da gibt es viele, die sich auf 90-Meter-Niveau bewegt haben und bewegen können."

Trotz der prekären Corona-Situation hofft er auf die Olympia-Austragung. "Einbeziehen muss man, dass wir jetzt mehr Erfahrung im Umgang mit der ganzen Sache haben und dass es Impfstoffe gibt, die wirksam sind", sagte er. "Mein Bauchgefühl sagt mir, die Spiele können stattfinden. Wissen kann das aktuell aber keiner."

Die Tokio-Spiele würden "sehr diskutable Spiele werden", sagt Röhler. "Das ist eine Gefahr, die ich sehe, weil viele Athleten in vielen Ländern noch still rumsitzen müssen. Wir haben keine faire und gleiche Ausgangslage für alle." Viele hätten extreme Lockdowns und dürften nicht trainieren. "Deshalb werden es diskutable Medaillen werden", meinte der Leichtathlet, der sich Olympia im Corona-Schatten schwer vorstellen kann: "Eine Hygieneblase von der Größe eines Olympischen Dorfes zu schaffen, das kann ich mir nicht vorstellen, wie das aussehen soll. Da ergeben sich für mich noch viele Fragen."

Dennoch sei es aus Athletensicht richtig und wichtig, dass die Spiele stattfinden. "Wir bringen den Menschen damit auch viel Freude in der Pandemie-Zeit. Das ist der Brot- und Spiele-Gedanke", erklärt Röhler. Sie seien ein Produkt, das den Menschen in einer schwierigen Zeit helfen könne. "Es werden wahrscheinlich Länder und Teams fehlen, aber wir haben ein Unterhaltungsprodukt des Sports, das uns hilft, zumindest einem Teil der Athleten bis zur Normalität die Existenz zu sichern", betont er. Dass alle Athleten in der gleichen Stärke weitermachen können, sei Augenwischerei. Das werde es nicht geben.

© dpa-infocom, dpa:210129-99-216993/3

Kurzporträt auf leichtathletik.de

Zeitplan der Tokio-Spiele