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Leseranwalt Nur die ärztliche Bescheinigung gilt

Fehlzeiten in der Schule müssen Eltern mit einer ärztlichen Bescheinigung entschuldigen können, auch wenn eine lange Busfahrt nötig ist.

Von Gudrun Oelze 21.05.2017, 23:01

Stendal l Geht es dem Jungen nicht gut und kann er deshalb nicht zur Schule, entschuldigte die Mutter sein Fehlen bisher immer mit einem entsprechenden Schreiben. Das soll nun nicht mehr akzeptiert werden. Im Krankheitsfall des Jungen sei künftig eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, teilte die Schule der verdutzten Mutter mit, ansonsten würden die Fehlzeiten des Kindes als Schulpflichtverletzung gewertet.

Dazu ist die Schule offenbar berechtigt, wie eine Nachfrage des Leser-Obmanns beim Bildungsministerium ergab. Nach der in Sachsen-Anhalt geltenden Schulpflicht sind die gesetzlichen Regelungen zu Pflichten von Schülerinnen und Schülern sowie ihrer Erziehungsberechtigten als Bezugspunkte für Entschuldigungsschreiben heranzuziehen, wurde uns mitgeteilt.

Näher geregelt sei dies in einem ministeriellen Erlass zum „Unterrichtsversäumnis an allgemeinbildenden Schulen“. Danach ist die Schule unverzüglich, spätestens am zweiten Fehltag, zu benachrichtigen, wenn ein Schüler krankheitsbedingt dem Unterricht fernbleiben muss. Bei seiner Rückkehr genügt es in der Regel, wenn die Erziehungsberechtigten schriftlich den Grund des Fernbleibens mitteilen.

Bei begründeten Zweifeln könne die Schulleitung jedoch die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangen, so ein weiterer Passus des Runderlasses. Dessen Regelungen gelten auch für die Befreiung vom Schulsport, informiert das Bildungsministerium. Auch dafür genüge im Regelfall zunächst die elterliche Auskunft gegenüber der Lehrkraft.

Für den Schüler im Landkreis Stendal bedeutet die Aufforderung der Schule, dass seine als Krankenschwester ausgebildete Mutter nun nicht mehr allein entscheiden kann, ob ihr Sohn an Tagen, an dem es ihm schlecht geht, dem Unterricht aus gesundheitlichen Gründen besser fernbleibt.

Vielmehr muss das kranke Kind von seinem Wohnort künftig mit dem Schulbus in die Stadt zum Arzt fahren und nach einigen Stunden von dort wieder mit dem Bus retour ins Dorf und ins eigene Bett, um zu genesen.

Eine Alternative wäre eine Heilpraktikerin, die auch bei leichten Erkrankungen ins Haus käme, aber nicht die von der Schule geforderte ärztliche Bescheinigung ausstellen darf, berichtet die besorgte Mutter, die es unsinnig findet, ein krankes Kind in den Schulbus zu setzen.

Bleibt die Schule jedoch bei der Forderung nach ärztlicher Bescheinigung im Krankheitsfall des Kindes, kann dessen Fehlen – sofern kein Attest vorliegt – tatsächlich als Unterrichtsversäumnis gewertet werden, so das Ministerium.