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Verbraucherrecht Wenn der Kunde sich abgezockt fühlt

Eine Familie aus der Börde wandte sich an den Leser-Obmann, weil sie dem Schlüsseldienst mehrere hundert Euro zahlen musste.

Von Gudrun Oelze 12.06.2016, 23:01

Haldensleben l Verdammt! Da blieb in der Hektik der Abreise doch tatsächlich das Schlüsselbund am Urlaubsort zurück. Auch wenn das Hotel es nachschicken will – nach langer Heimfahrt steht die Familie an einem Sonnabendabend müde vor der verschlossenen Haustür daheim – und ruft einen Schlüsseldienst zu Hilfe. Der Handwerker kommt auch rasch – braucht aber lange, um die Tür zu öffnen, und präsentiert den verdutzten Kunden dann eine Rechnung in Höhe von mehreren hundert Euro!

Das kann doch nicht rechtens sein, meinen die Leser aus dem Landkreis Börde – und haben recht damit, bestätigt Heidi Lange von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Ein kurzer Blick auf die Rechnung zeigt der Leiterin der Magdeburger Beratungsstelle, dass der Handwerker, der im Bördedorf die Tür öffnete, für eine dubiose Firma in Hessen tätig war, unter anderem einen „Fallspezifischen Einsatzwert“, reichlich „Mehrarbeitszeit“ und den Sonnabendzuschlag in Rechnung gestellt und diese auch gleich vor Ort mittels Kartenlesegerät abkassiert hatte.

Von solchen Fällen hören wir häufig, berichtet die Verbraucherberaterin. Tatsächlich arbeiten Schlüsselnotdienste ja rund um die Uhr und verlangen für Arbeiten außerhalb der üblichen Geschäftszeiten auch einen entsprechenden Zuschlag. Grundsätzlich ist dies sicher nicht zu beanstanden. Da erfahrungsgemäß aber einige unseriöse Firmen die besondere Zwangslage ihrer Kunden ausnutzen und weit überhöhte Rechnungen stellen, rät Heidi Lange Betroffenen:

Nicht die erstbeste Rufnummer im Telefonbuch anrufen. Manche Firmen geben sich Fantasienamen, um dort ganz oben aufzutauchen. Bevorzugen Sie ortsansässige Firmen! Haben Sie einen Notdienst unter Ihrer örtlichen Vorwahl erreicht, brauchen Sie auch nur die Kosten für An- und Abfahrt innerhalb der Ortsgrenzen zu zahlen.

Und legen Sie beim Auftrag an den Schlüsseldienst fest, dass nur die verschlossene Tür geöffnet werden soll. Eine Auswechslung des ganzen Schlosses – wie im Fall des Lesers aus dem Bördekreis geschehen – ist in den meisten Fällen nicht notwendig. Dass der dortige Handwerker fast drei Stunden vor Ort war, erscheint der Verbraucherberaterin ebenfalls fragwürdig. „Das Öffnen einer Tür mit üblichem Schloss dauert in der Regel nur Sekunden, höchstens einige Minuten“, weiß sie vom Landesinnungsverband Metall. Deren Fachmann für Schlüsseldienste kommt am Donnerstag, 16. Juni 2016, in die Magdeburger Beratungsstelle der Verbraucherzentrale am Breiten Weg.

„Weil Abzocke durch Notdienste wie bei Ihren Lesern in der Börde leider kein Einzelfall ist, haben wir bei unseren derzeitigen Aktionstagen zu Problemen mit Handwerker- und Kundendienstleistungen auch den Schlüsseldienst thematisiert“, sagt Heidi Lange. Gemeinsam mit einem Fachmann dieser Innung geben am Donnerstag zwischen 14 und 16 Uhr auch Experten von der Polizei Tipps und Hinweise, woran man erkennen kann, wie sich unseriöse Firmen von soliden Handwerkern unterscheiden.

Das am Urlaubsort vergessene Schlüsselbund war im konkreten Fall ein teures Versehen. Da der Leser die in Rechnung gestellte Summe sogleich mit seiner EC-Karte bezahlte, hat er die Leistung anerkannt – und kann nun nur noch Klage erheben.

Darum der Hinweis der Verbraucherberaterin: Lassen Sie sich von Handwerkern nicht zur Zahlung nötigen! Fahren Sie auch nicht mit dem Monteur zum nächsten Geldautomaten. Nötigung ist strafbar!