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Berichterstattung Die Überschrift - eine Herausforderung

Überschriften gehören zum journalistischen Tagesgeschäft. Dabei geht es um Leseanreiz, aber auch um korrekte Inhalte.

Von Peter Wendt 05.10.2015, 16:24

Trotz der allgemeinen Ehrfurcht vor Expertenmeinungen sollten Sie doch ein bisschen kritischer sein und sich überlegen, ob Sie solch eine Überschrift übernehmen.“ Der Leser aus Lostau, der dies schrieb, bezog sich dabei auf die Zeile „Assad ist gefährlicher als der IS“, die unlängst über einem Beitrag auf der Seite „Meinung und Debatte“ stand. Dessen Veröffentlichung – es handelte sich um einen Artikel der Deutschen Presse-Agentur – hatte erwartungsgemäß zahlreiche Meinungsäußerungen von Lesern zur Folge, die das anders sehen.

Die Überschrift, die von weiteren Lesern moniert worden ist, ging allerdings auf unsere Kappe, das muss man der Ehrlichkeit halber anmerken. Wir haben uns mit der Kritik auseinandergesetzt. Diese Zeile über den Artikel zu setzen, hatte unserer Auffassung nach durchaus seine Berechtigung, denn so lautete nun mal die Quintessenz der zitierten britischen Studie. Über deren Qualitität und Absichten kann man durchaus geteilter Ansicht sein, wie die Leserzuschriften ja hinlänglich belegten.

Im Nachhinein – hinterher ist man bekanntlich immer klüger – kamen wir selbst zu der Ansicht, dass es besser gewesen wäre, die Überschrift „Assad ist gefährlicher als der IS“ in Anführungszeichen zu setzen, um zu kennzeichnen, dass dies eine wörtlich wiedergegebene Textstelle aus der Studie war. Schließlich handelte es sich ja nicht um einen eigenen Meinungsbeitrag dieser Zeitung beziehungsweise den politischen Kommentar eines Volksstimme-Redakteurs.

Die Auseinandersetzung mit der Kritik hat uns gezeigt, dass es ohne Zweifel lohnt, zweimal über die Überschriften nachzudenken. Die richtige Zeile zu finden ist die besondere Herausforderung in unserem journalistischen Tagesgeschäft. Sie soll die Kernaussage des Artikels wiedergeben. Sie muss verkürzen, darf aber nicht verfälschen. Sie muss korrekt, leichtfasslich und unmissverständlich formuliert sein. Und – nicht zu vergessen: Sie sollte Leseanreiz bieten. Den Spagat zwischen Originalität und Informationsgehalt hinzubekommen ist dabei die eigentliche Kunst.