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Presseethik Ein Autor in doppelter Funktion

Leser können sich im Zweifelsfall an den Presserat wenden und Artikel prüfen lassen.

Von Peter Wendt 13.11.2017, 00:01

Hat die Zeitung eine Ente verbreitet oder stimmten die Angaben? Im Zweifelsfall kann man sich beim Presserat über journalistische Beiträge in der Printausgabe und/oder dem Online-Auftritt beschweren und diese presseethisch prüfen lassen. Dieses Recht steht einem jeden zu. Gundlage für die Beurteilung der von Lesern eingereichten Beschwerden sind die Publizistischen Grundsätze, der Pressekodex. Er enthält 16 Ziffern, die Maßstäbe hinsichtlich der Berichterstattung und des journalistischen Verhaltens festlegen. Beschwerden über Veröffentlichungen werden von den drei Beschwerdeausschüssen des Presserats behandelt, die vier Mal im Jahr tagen.

Zu den jüngsten Beschwerdeausschuss-Sitzungen lag dem Presserat auch die Beschwerde einer Leserin vor, die am Ende zu einer Rüge für diese Zeitung führte. Wie kam es dazu? In der Print- sowie der Onlineausgabe war ausführlich über Investitionen einer Wohnungsbaugenossenschaft berichtet worden. Eine Mieterin, unzufrieden mit den Leistungen der Genossenschaft, stellte die Richtigkeit der Angaben in dem Artikel infrage und beschwerte sich beim Presserat.

Der setzte sich zwar nicht mit der Frage auseinander, ob die Aussagen der Wohnungsbaugenossenschaft Hand und Fuß hätten, sondern rügte, dass der Autor des Artikels, ein freier Mitarbeiter der Lokalredaktion, gleichzeitig als Redakteur für das Kundenmagazin der Genossenschaft tätig war. In dem beklagten Beitrag hatten sich Formulierungen aus einem Artikel im Kundenmagazin wörtlich wiedergefunden.

Der Presserat sah eine „mangelnde Trennung von Tätigkeiten gemäß Ziffer 6.1 des Pressekodex“. Die Leserschaft hätte über die Doppelfunktion des Autors zumindest aufgeklärt werden müssen. In der genannten Richtlinie heißt es: „Übt ein Journalist oder Verleger neben seiner publizistischen Tätigkeit eine Funktion, beispielsweise in einer Regierung, einer Behörde oder in einem Wirtschaftsunternehmen, aus, müssen alle Beteiligten auf strikte Trennung dieser Funktionen achten. Gleiches gilt im umgekehrten Fall.“