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Wortwahl Ein „Plattenbau“ ist ein Mehrfamilienhaus

Auch wenn Wohnungen in der "Platte" eine zeitlang heißt begehrt waren: Inzwischen wird der Begriff "Plattenbau" vor allem negativ gebraucht.

24.07.2016, 23:01

In einem von der Volksstimme wiedergegebenen Polizeibericht hieß es, ein Mann sei nach einem Brand in seiner Wohnung tot aufgefunden worden, weitere Bewohner des Plattenbaus hätten mit dem Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden müssen.

„Warum sprechen Sie in dem Zusammenhang von einem ‚Plattenbau‘, der Begriff ist doch negativ besetzt?“ Stattdessen hätte man doch auch ,Mehrfamilienhaus‘ sagen können“, meinte eine Stendalerin im Gespräch mit dem Leser-Obmann.

An der Beobachtung der Leserin ist etwas dran. In der Tat werden „Platte“ und „Plattenbau“ hier und heute häufig abwertend verwendet, obwohl kaum eines dieser „Mehrfamilienhäuser“ noch in dem Zustand ist, in dem es sich zu DDR-Zeiten und in den ersten Jahren nach der Vereinigung befand. Die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen haben mit großem Aufwand umfangreiche Modernisierungen und Instandhaltungsmaßnahmen sowie Um- und Neubauten vorgenommen, aber auch Wohnungen „vom Markt genommen“, sprich abgerissen.

Das Bild der einzelnen Plattenbauten wie auch der Großsiedlungen, die als Ergebnis des damaligen Wohnungsbauprogramms nicht nur in Magdeburg entstanden waren, hat sich also nachhaltig verändert. Großplattenbauweise und Großsiedlungen an der Peripherie von Großstädten waren im Übrigen nichts DDR-Spezifisches, wie der Blick über die Landesgrenzen unschwer erkennen lässt.

Und trotz allem: Sie waren begehrt, die Neubauwohnungen, und wer eine bekommen hatte, schätzte sich glücklich. Es gab Zentralheizung, warmes Wasser, Bad und oft sogar einen Balkon.

Den Begriff „Plattenbau“ empfindet auch Hans-Joachim Neumann, einer der Erbauer der Magdeburger Neubaugebiete, als „despektierlich“. Dieser Begriff sei „als Schimpfwort erst mit der Wiedervereinigung entstanden und wird oft von Leuten verwendet, die sich nicht auskennen“, sagte der heute 91-Jährige dieser Zeitung anlässlich des 35. Jahrestags der Grundsteinlegung des ersten Wohnblocks in Neu-Olvenstedt.