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Unicef-Schirmherrin Die First Lady und die Flüchtlinge

Sie ist seit anderthalb Jahren Deutschlands First Lady: Jetzt ist Elke Büdenbender im Libanon unterwegs, ohne den Bundespräsidenten. Was steckt hinter dieser Reise?

Von Caroline Bock, dpa 30.10.2018, 09:44
Elke Büdenbender trifft Khalaf und seine behinderte Tochter Mayssa in einer Zeltsiedlung in Housh el Dahab in der Bekaa-Ebene. Foto: Britta Pedersen
Elke Büdenbender trifft Khalaf und seine behinderte Tochter Mayssa in einer Zeltsiedlung in Housh el Dahab in der Bekaa-Ebene. Foto: Britta Pedersen dpa-Zentralbild

Beirut (dpa) - Khalaf und seine Tochter Mayssa sitzen auf dem Boden, in dem Zeltverschlag ist es dämmerig. Neben ihnen hört eine Besucherin aus Deutschland zu: Elke Büdenbender.

Sie streichelt dem Mädchen über die Wange. Die Frau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier ist das erste Mal alleine für Unicef ins Ausland gereist, in den Libanon.

Khalaf erzählt die Geschichte einer syrischen Flüchtlingsfamilie: Seit fünf Jahren lebt sie in dem Lager aus Brettern und Zelten. Die syrische Grenze ist etwa eine Autostunde entfernt. Der Familienvater ist arbeitslos und verzweifelt. Seine eigenen Eltern hat er fünf Jahre nicht gesehen. Das Gespräch stockt. "Er fängt gleich an zu weinen", sagt der Übersetzer.

Im Tross von Elke Büdenbender ploppen wenig später die Eilmeldungen aus Deutschland zur Zukunft von Angela Merkel auf die Handys. Das fühlt sich im 2700 Kilometer entfernten Libanon etwas unwirklich an. Aber die Reise ist auch Politik. Dass sich Büdenbender für das Land im Nahen Osten entschieden hat, ist ein Statement. Auch hier geht es wie so oft in Deutschland um das Thema Flüchtlinge.

Der Libanon hat besonders viele aufgenommen. Das Mittelmeerland ist wie Jordanien ein Nachbar von Syrien, das seit mehr als sieben Jahren von einem Bürgerkrieg in Schutt und Asche gelegt wird.

Laut dem UN-Kinderhilfswerk sind im Libanon schätzungsweise 1,5 Millionen Syrer, das ist ungefähr jeder vierte Einwohner. Darunter sind viele Kinder und Jugendliche. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, viele gehen nicht zur Schule.

Die Hauptstadt Beirut mag zwar in manchen Vierteln glitzern und ein hippes Reiseziel sein, aber der Staat ist wirtschaftlich gebeutelt und politisch fragil. Die syrischen Flüchtlinge sind unter Druck. Die Regierung würde sie lieber heute als morgen zurück in ihrer Heimat sehen.

Ein Teil der Flüchtlinge lebt in den über das Land verstreuten tristen Lagern aus Buden und Zelten. Die Lebensbedingungen sind hart, und der nächste Winter kommt. Aber zurückgehen, wenn das Zuhause in Trümmern liegt? Das wagen bisher nicht viele Syrer. Viele haben Angst vor der Regierung und den berüchtigten Gefängnissen.

Elke Büdenbender war bereits im Januar gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier in Jordanien und im Libanon. In den anderthalb Jahren auf Schloss Bellevue war sie schon viel unterwegs, von Japan bis zur Feuerwehr in Brandenburg. Wenn sie allein reist, ist das Protokoll deutlich kleiner. Sie fliegt mit einer normalen Passagiermaschine nach Beirut.

Im Hotel angekommen, wirkt Büdenbender vorbereitet, als hätte sie wie früher Akten gewälzt. Als sie noch Richterin in Berlin war, hat sie über Asylfälle entschieden. "Das hier ist einfach anders." Als Frau des Bundespräsidenten könne sie nur etwas bewirken, indem sie es schaffe, Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge zu lenken. Den Job als First Lady, ein Ehrenamt, mache sie "wirklich gern". Sie findet: "Man muss sich ja engagieren!"

Das Programm im Libanon: Hilfsprojekte kennenlernen, zuhören, Fragen stellen. Sehr viele Leute treffen, die sehr viele Selfies wollen. Mut machen. "Ich bewundere Ihre Stärke", sagt sie einer Flüchtlingsfamilie. In einem Projekt für junge Unternehmer lässt sie sich Handarbeiten von der Nähmaschine zeigen und Apps erklären. "Du bist ein Genie", lobt sie einen 16-Jährigen.

Elke Büdenbender interessiert sich für Jugendliche und ihre Ausbildung. Das hat auch mit ihr selbst zutun. Die 56-Jährige war die Erste in ihrer Familie, die studierte. Als die Sonne im Libanon untergeht und der Gebetsruf der Moschee kommt, hört sie immer noch zu und stellt Fragen.

Junge syrische Flüchtlinge erzählen, wie sie in einem sozialen Projekt helfen, dass weniger junge Mädchen heiraten müssen. Die Männer in der Gruppe wirken fast feministisch. Elke Büdenbender ist beeindruckt. "Das haut einen um." Dann geht es weiter, die Wagenkolonne fährt zurück nach Beirut, wo der Besuch am Mittwoch enden wird.

Unicef zur Lage in Syrien

Unicef-Mitteilung zur Reise von Elke Büdenbender

Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung zum Libanon

Bundespräsidialamt zu Elke Büdenbender

UNHCR-Flüchtlingsbericht 2017 (veröffentlicht 2018)

UNHCR-Flüchtlingsbericht 2017 Tabellen, besonders Tab. 26