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Vantablack-Künstler Promi-Geburtstag vom 12. März 2019: Anish Kapoor

Gigantische Skulpturen, minimalistisch und oft verzerrt, mit brillanten Farben und sinnlichen Texturen - dafür ist Anish Kapoor bekannt. Der Schöpfer des "Orbit" im Londoner Olympiapark wird nun 65.

Von Uli Hesse, dpa 11.03.2019, 23:01
Der indisch-britische Bildhauer Anish Kapoor wird 65. Foto: Ole Spata
Der indisch-britische Bildhauer Anish Kapoor wird 65. Foto: Ole Spata dpa

London (dpa) - Zehn Tage nach Anish Kapoors 65. Geburtstag am Dienstag (12. März) endet eine Kickstarter-Kampagne des britischen Künstlers Stuart Semple. Er sammelt Geld für die Acrylfarbe Black 3.0, das angeblich schwärzeste Schwarz der Welt.

Jeder darf mitbieten, außer einem: Anish Kapoor. Dem britischen Bildhauer-Superstar soll die neue Farbe nicht in die Hände fallen. Denn Kapoor hatte sich - begleitet von viel Kritik - die Exklusivrechte an der künstlerischen Nutzung von Vantablack gesichert, einem auf Nanotechnologie basierenden tiefschwarzen Material, das 99,6 Prozent aller Lichtstrahlung schluckt.

Es ist so überzeugend mattschwarz, dass ein Besucher bei einer Ausstellung in Portugal in Kapoors Werk "Descent into Limbo" fiel - das zweieinhalb Meter tiefe Loch symbolisiert die Vorhölle. Die mit Vantablack beschichteten Wände erzeugen den Eindruck einer begehbaren Fläche.

Kapoor gilt als einer der höchstdekorierten Künstler der Gegenwart und ist bekannt für seine riesigen abstrakten Gebilde, die den Raum erforschen und den Betrachter zu einer psychischen Erfahrung herausfordern. Er arbeitet mit Kontrasten wie Licht und Dunkel, Oberflächen und Tiefen und kehrt mit Stahl, Stein und Wachs das Innerste nach außen, oft mit gebärmutterartigen Aushöhlungen.

Sein blutroter "Orbit"-Turm im Londoner Queen-Elizabeth-Olympiapark ist mit 115 Metern Höhe die größte öffentliche Skulptur Großbritanniens. "Es ist asymmetrisch, kippt, ein Durcheinander an Knoten, die Ellbogen ragen heraus", beschrieb er sein Werk der "Financial Times" und verglich es mit einer Kathedrale. In Deutschland gestaltete er den Altarstein für die Unterkirche der Dresdner Frauenkirche aus einem massiven Block aus schwarzem Kalkstein.

Seine rund zehn Meter hohe Skulptur "Dirty Corner" aus verrostetem Stahl mit einem riesigen Loch in der Mitte sorgte für Empörung, als sie 2015 in Versailles bei Paris ausgestellt und als "Vagina der Königin" bekannt wurde. Kapoor gibt bereitwillig zu, dass viele seiner Kunstwerke auch eine sexuelle Komponente haben: "Kunst kann Intimität schaffen", sagte er der "Financial Times". "Sie kann lockend sagen, "Komm her, sei ein Teil davon"."

Kapoor wuchs als ältester Sohn einer weltoffenen Familie im indischen Mumbai auf - der Vater Hindu und Vermesser bei der indischen Marine, die Mutter entstammte einer jüdischen Familie aus dem Irak. In der Schule fühlte sich der junge Anish als Außenseiter. Als seine Eltern nach Kanada auswanderten, zog der Teenager in einen israelischen Kibbuz. "Ich habe mir ein kleines Atelier besorgt und einige wirklich schlechte Bilder gemacht", erzählte er der "Financial Times".

Anfang der 70er Jahre studierte er in London Kunst und bekam daraufhin eine Identitätskrise. "Wenn Sie sich anschauen, was Sie sind und was da ist, ist das zutiefst schmerzhaft", beschrieb er dem "Guardian" 2006. "Bis dahin hatte ich das Gefühl, dass meine Arbeit mich definierte. Wenn ich nicht arbeitete, würde ich irgendwie verschwinden."

Trotz der Selbstzweifel wurde er berühmt: 1990 vertrat er Großbritannien bei der Biennale in Venedig, gewann 1991 den Turner-Preis und nahm 1992 an der Documenta IX in Kassel teil.

Die starke Auseinandersetzung mit sich selbst beeinflusste seinen Schaffensprozess, den er als "archäologisch" beschreibt und "der hoffentlich aus dem Unterbewusstsein genauso wie buchstäblich aus dem Stein herausgearbeitet wird", erklärte er 2011 anlässlich einer Ausstellung in Neu Delhi. Sein Vorgehen lohnte sich: Die Sunday Times Rich List schätzte sein Vermögen 2017 auf über 150 Millionen Euro.

Kapoor setzt sich seit Jahren für Flüchtlinge und Verfolgte ein. 2015 organisierte er einen Solidaritätsmarsch mit seinem chinesischen Kollegen Ai Weiwei und einigen Hundert Sympathisanten durch London. Zwei Jahre später produzierte er die Acrylscheibe "Red Lens for Grenfell" und spendete den Erlös von umgerechnet etwa 150.000 Euro den Opfern der Londoner Brandkatastrophe. Ebenfalls 2017 wurde er mit dem Genesis-Preis ausgezeichnet, der auch als "jüdischer Nobelpreis" gilt; mit dem Preisgeld von einer Million Dollar will Kapoor Flüchtlingen helfen.

Offizielle Homepage Anish Kapoor

Financial Times

Guardian 2006

Sunday Times

Stuart Semples Kickstarter Kampagne für Black 3.0

Kapoor in Conversation with Greg Hilty and Andrea Rose, New Delhi 2011

Sotheby Auktion