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Pop-Literat Promi-Geburtstag vom 14. August 2018: Wolf Wondratschek

Früher galt er als Rebell, heute schreibt er über alternde Pianisten. Wolf Wondratschek hat die Wandlung vom brachialen Macho zum kunstsinnigen Feingeist längst abgeschlossen.

13.08.2018, 23:01

Wien/München (dpa) - Rock-Poet, Literatur-Macho und 68er-Rebell sind nur einige Attribute, die dem Dichter und Schriftsteller Wolf Wondratschek im Laufe seines Lebens zugeschrieben wurden.

"Carmen oder Bin ich das Arschloch der achtziger Jahre" betitelte er selbst 1986 ein episches Poem mit vielen autobiografischen Bezügen. Am 14. August wird das ehemalige "Enfant terrible" 75 Jahre alt.

Seit vielen Jahren lebt der einstige Bürgerschreck in Wien, und hat sich zu seinem Geburtstag selbst ein neues Buch geschenkt. In "Selbstbild mit russischem Klavier" sinniert ein in die Jahre gekommener Konzertpianist namens Suvorin über seine Karriere und Gott und die Welt. Natürlich kann man diese lockere Plauderei im Kaffeehausstil auch als verdecktes Selbstporträt des Autors lesen. Die wilden Zeiten sind definitiv vorbei.

Zu Beginn seiner Karriere gelang Wondratschek das Kunststück, aus Lyrik einen Bestseller zu machen. Gedichtbände wie "Chuck's Zimmer", "Das leise Lachen am Ohr eines anderen" und "Männer und Frauen" wurden in den 70er Jahren eher zufällig zum Renner. Auf Anraten seiner Freunde brachte Wondratschek die Bände zuerst in
kleiner Auflage bei dem Buchversand Zweitausendeins heraus, die Nachfrage überrascht ihn selbst. "Was für ein Wunder, mit Gedichten Geld zu verdienen", notiert er in seiner Biografie.

Dort bezeichnet er die 70er auch als das
beste Jahrzehnt seiner jungen Jahre. "Es hieß, ich sei drogensüchtig. Es hieß, ich triebe mich im Milieu in St. Pauli herum, mit Huren, Zuhältern und Boxern. Ich war dafür richtig prominent", erinnert er sich.

Wondratschek wird 1943 in Rudolstadt in Thüringen geboren und wächst in Karlsruhe auf. Nach seinem Abitur studiert er in
Heidelberg, Göttingen und Frankfurt am Main Literaturwissenschaft, Philosophie und Soziologie und veröffentlicht erste Gedichte. Obwohl er keinen Abschluss hat, erhält er 1970 eine Gastdozentur für Poetik an der Universität Warwick. Ende der 60er Jahre gibt er der 68er-Bewegung mit kurzen und prägnanten Prosatexten gegen das bürgerliche Milieu eine literarische Stimme. Er experimentiert mit neuen literarischen Techniken und der Form des Hörspiels, sein 1969 veröffentlichter Prosaband "Früher begann der Tag mit einer Schusswunde" wird zum Kultbuch. "Ein einflussreicher, mir damals aber völlig unbekannter Herr namens
Marcel Reich-Ranicki schrieb eine ziemliche Lobeshymne", erklärt der Autor in seiner Biografie.

In den 90er Jahren zog Wondratschek nach Wien und erlebt mit Werken wie dem heiter-melancholischen Roman "Mozarts Friseur" oder dem Roman "Mara" über das Leben eines Stradivari-Cellos ein literarisches Comeback. Auch Gedichte schreibt er wieder. "Ich nahm Wien nicht als Stadt, sondern als Echokammer einer untergegangenen Welt wahr", schrieb er über die ehemalige Kaiserstadt an der Donau.