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Modemacher Promi-Geburtstag vom 2. Juli 2017: Pierre Cardin

Pierre Cardin ist mit seiner Schneiderkunst zu einem der reichsten Männer geworden. Auf seinem Geldpolster ausruhen, will sich der Branchenveteran jedoch immer noch nicht.

Von Sabine Glaubitz, dpa 01.07.2017, 23:01

Paris (dpa) - Mit mehr als 800 Fabriken und Lizenzen weltweit, mehreren Restaurants und Theaterhäusern, einem Museum in Paris und einem Immobilienpark, zu dem unter anderem ein Schloss und ein halbes Dorf gehört, zählt Pierre Cardin zu einem der reichsten Männer Frankreichs.

Womit er sich auch gerne schmückt. Er könne sich alles leisten, erklärte der Modeschöpfer in Interviews unbefangen. Statt sich auf seinem Geldpolster auszuruhen, mischt der Modemacher, der heute 95 Jahre alt wird, noch immer unermüdlich im Geschäft mit.

Zur Präsentation seiner Kollektion Frühling/Sommer 2017 lud er die Fachwelt nach China in den Yellow River Park ein, für seine Kreationen Herbst/Winter 2016 ging die Reise auf sein Schloss in Lacoste im südfranzösischen Luberon. Und im April fand in Mailand in der bekannten Galerie Carla Sozzani die Ausstellung "Les Sculptures utilitaires" statt. Gezeigt wurde seine avantgardistische Möbelserie aus den 70er Jahren. In ihr hat er seine skulpturale Auffassung von Mode auf Möbel übertragen. Zu den bekanntesten Stücken gehören seine Space-Design-Stücke aus Metall und Plastik.

Cardin kann man ohne Bedenken einen Mann der Superlative nennen. Er kann sich mit dem Titel des Branchenveterans schmücken, der nach über 70-jähriger Karriere noch immer nicht an den Ruhestand denkt. Er hat die futuristische Mode erfunden, er war der erste, der eine Prêt-à-porter-Kollektion auf den Markt brachte und Unterwäsche entwarf, die im Discounter Lidl vertrieben wurde. Mineralwasser Essbesteck, Plattenspieler, Bettwäsche, Armbanduhren und Autos trugen und tragen seinen Namen. Wie kein anderer hat Cardin seine Marke ungeniert für das Lizenzgeschäft genutzt.

Seine Geschäftstüchtigkeit hat ihn jedoch nicht nur reich gemacht. Er sei der Modemacher, den man gerne hasst, sagte er in einem Interview mit dem französischen Radiosender RFI vor wenigen Wochen. Sonderlich gestört hat den Designer das nie. Er habe immer weiter voraus geblickt als die anderen, erzählte er weiter. Das hat ihn auch unabhängig gemacht. Denn sein Modehaus gehöre keiner Gruppe an, wie er stolz betonte.

Cardin hat die Mode revolutioniert. Im Jahr 1947 kreierte er als Designer bei Christian Dior den bekannten "New Look", Kleider mit ausgeprägter Taille und runden Schultern, in den 60er Jahren ließ er seine Mannequins mit Helm und in astronautenähnlichen Anzügen über den Laufsteg defilieren und stieß damit die Ästhetiker der Branche vor den Kopf.

Mit mehr Begeisterung wurden seine geometrisch geschnittenen Minikleider mit Schießscheibenmustern und Röcken mit Vinylstreifen gewürdigt. Sein eigenes Haute-Couture-Unternehmen gründete er Anfang der 50er Jahre. Später entwarf er als erster großer Modemacher auch Linien für Männer. Noch heute steckt er seine Modells in Overalls aus Plastik und hautenge, metallisch glänzende Bodysuits, doch sein Futurismus hat den Beigeschmack von Retro.

Luxus hat den Sohn eines französischen Weinhändlers, der eigentlich Pietro Cardini heißt und in der Nähe von Venedig zur Welt kam, nie interessiert. Für einen Mann, der an der Côte d'Azur noch im Besitz einer der teuersten Villen Europas ist, eine verblüffende Aussage. "Ich hatte schon, seit ich sehr jung war, die Möglichkeit, mir alles zu kaufen", erklärte er in seinen Interviews. Was ihn interessiere, sei der kreative Aspekt seiner Unternehmen und Vorhaben.

Und dazu gehört der "Espace Pierre Cardin" unweit des Präsidentenpalasts Elysée, ein ehemaliges Theater, das er 1969 gekauft und zu einem Kulturzentrum mit Konferenzsälen, einem Luxusrestaurant, einer Kunstgalerie und einem Vorführraum für seine Kollektionen verwandelt hat. Dann interessierte er sich für das Markenzeichen "Maxim’s" und dessen legendäres Jugendstilrestaurant, das er Anfang der 80er Jahre erwarb. Im Mai 2001 kaufte er dann das Schloss des freidenkenden Grafen und Schriftstellers Marquis de Sade im südfranzösischen Dorf Lacoste.

Er ließ es für Konzerte und Musikfestivals renovieren und erwarb zudem mehrere Immobilien. Sein Vorhaben: Das rund 400 Seelen große Dorf in ein "Saint Tropez der Kultur" zu verwandeln. Sein Kunst-Mekka-Projekt scheiterte - zuletzt auch am Widerstand der Einwohner, die sich gegen Cardins feudales Grundbesitzer-Auftreten auflehnten.