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Von Achtziger bis Zoomania Szene-Lexikon: Was 2016 angesagt war

Was war dieses Jahr angeblich Trend und angesagtes Szene-Thema? Ein Überblick von A bis Z - zum Beispiel mit Barbara, Craft Beer, Carpool-Karaoke, Einhorn, Hochkantvideos und Pokemon Go.

Von Gregor Tholl, dpa 30.12.2016, 09:10

Berlin (dpa) - Trends der vergangenen Jahre waren Tinder, Thermomix, Fitnessarmbänder oder Cold-Brew-Kaffee. Und 2016? Eine Auswahl, was in diesem Jahr Szene-Hit zu sein schien. Leute, Phänomene, Begriffe, Trends 2016 - alphabetisch geordnet:

Achtziger: Bereits Ende 2015 und dann auch nochmal im Sommer 2016 zeigten Umfragen, dass die 80er Jahre in Deutschland beliebter als die 50er, 60er, 70er oder 90er Jahre sind. Das Lieblingsjahrzehnt dient den Deutschen wohl als Sehnsuchtszeit.

Amazon Dash: Der Online-Händler Amazon bietet nun auch in Deutschland per WLAN verbundene Bestellknöpfe für ausgewählte Markenprodukte an. Auch der Lautsprecher "Amazon Echo" ist neu: Eine Spracherkennungstechnologie (ähnlich wie Google Now, Siri von Apple oder Cortana von Microsoft) hilft etwa beim Musikhören oder Taxiruf.

Ade, Maren: "Toni Erdmann" von Maren Ade war wohl die intellektuelle Filmüberraschung des Jahres. Der deutsche Film begeisterte im Mai in Cannes und berührte später Hunderttausende Kinogänger. Peter Simonischek und Sandra Hüller bezaubern als Vater und Tochter, die mit der Sprachlosigkeit der Generationen kämpfen. Oscar 2017?

Barbara: Mit Plakaten und Schildern ist "Barbara" (eine Frau? Ein Mann? Ein Kollektiv?) zur Internet-Größe geworden. Ihre Identität hält die linksalternative Streetart-Künstlerin, die 2016 einen Grimme-Online-Award gewann und wohl in Heidelberg lebt, aber auch viel in Berlin ist, geheim. Beliebt ist ihre Bearbeitung von Schildern. Ein Buch heißt "Hass ist krass. Liebe ist krasser".

Birkenwasser: Nach dem Kokoswasser landete nun auch das leicht süßliche Birkenwasser zunehmend als "Aktiv-Drink" in den Regalen der Biomärkte - und nicht mehr nur in Kosmetikprodukten.

Corden , James: Der aus Großbritannien stammende US-Late-Night-Talker war 2016 ein Riesen-Internethit mit seiner unterhaltsamen TV-Idee, mit Stars im Auto zu singen ( Carpool-Karaoke). So sang und quatschte er etwa mit Madonna, Lady Gaga, Sia, Selena Gomez oder Michelle Obama. Am meisten geklickt wurde der Clip mit Adele

Craft Beer : Craft Beer aus kleinen Brauereien, ein Trend aus den USA, gibt es inzwischen fast überall - ein Megatrend. In diesem Jahr schien nun fast jeder mitbekommen zu haben, dass man auch mal ein fruchtig schmeckendes, hopfenreiches Pale Ale oder Indian Pale Ale (IPA) probieren kann statt nur klassisches Pils oder Helles.

Die immer lacht: Dieser Ohrwurm von Stereoact feat. Kerstin Ott scheint von 2016 zu bleiben. Die Liedermacherin Ott schrieb das Werk einst für eine kranke Freundin, berühmt wurde nun aber eine Art Tanzversion des Songs. Die Sängerin ermutigt die Frau, die ihre Traurigkeit mit Lachen kaschiert, ihre wahren Gefühle zu zeigen.

Domian : Nach 21 Jahren als "Kummerkasten der Nation" hörte im Dezember der legendäre WDR-Nachttalker Jürgen Domian auf. Ende einer Ära. Auch die WG-Spaßshow "Zimmer frei!" vom WDR mit Götz Alsmann und Christine Westermann nahm nach 20 Jahren im September Abschied.

Einhorn: Das trendige Fabelwesen war fast überall zu sehen - auf Kindergeburtstagen, Popfestivals, Anti-Nazi-Demos, Pullis, Jutebeuteln, Tassen, Kissen, Torten und schließlich auch auf Schokolade. Der kindische Modetrend hat etwas mit Ironie und Realitätsflucht zu tun: Einhörner stehen für Friede und Freude.

Enge Freundschaft: "Bromance" (aus brother und romance) und "Bromosexual" (aus brother und homosexual) lauten neue Begriffe für Männerfreundschaften, wobei "bromosexual" die unverkrampfte Freundschaft zwischen einem Hetero und einem Schwulen meint.

Flamingos und Faultiere: Sie sind die neuen Eulen: Das Trendtier süße Eule mit riesengroßen Augen scheint abgelöst worden zu sein - nun sind andere der Renner auf Pullis, Kissen oder als Stofftier.

Fly sein: Zum "Jugendwort des Jahres" kürte eine Jury nach "Läuft bei dir" (2014) und "Smombie" (Smartphone-Zombie; 2015) das eher künstliche "Fly sein" (besonders abgehen). Bei einer Online-Wahl des Langenscheidt-Verlags hatte das zustimmende "Isso" gewonnen.

Gesichtertausch : Face-Swap-Apps waren 2016 angesagt. Man kann in Echtzeit mit Freunden das Gesicht tauschen, sein Gesicht in Gemälde hineinmontieren oder Gesichtszüge von Promis oder Kunstfiguren annehmen. Handy-Spaß in einem ansonsten schrecklich ernsten Jahr.

Hochkantvideos: Videos im Hochformat galten lange als eine Art Netzkrankheit (VVS - Vertical Video Syndrom). Als wahres Format galt die 16:9-Ausspielung. Doch im Smartphone-Zeitalter und spätestens seit dem Hype um Snapchat, Facebook Live oder Instagram Story scheinen Hochkant-Videos nun nicht mehr schlimm zu sein.

Holland und Holz: zwei eingängige Hits 2016 des Essener Hip-Hop-Duos 257ers. Die beiden Quatsch-Rapper Shneezin und Mike machen sich seit Jahren immer wieder zum Horst und sind für viele Kult.

Island: Die isländische Mannschaft war der Fußballeuropameister der Herzen, schaffte es sogar, England im Achtelfinale aus dem Turnier zu werfen. Island begeisterte mit einprägsamer "Huh"-Ruf-Klatschchoreo und tollen Spieler-Namen wie Sigthorsson.

Jugendangebot von ARD und ZDF: "Das Internet ist vorbei - jetzt kommt "funk"", bewarben die Öffentlich-Rechtlichen ihr neues multimediales Angebot für Jugendliche, das im Oktober ( "funk.net" oder bei YouTube und Facebook) startete. Die Online-Formate für 14- bis 29-Jährige haben mit klassischem linearen Fernsehen wenig zu tun. Die Durchschlagskraft eines Jan Böhmermann fehlt ihnen aber.

Knöchel: Entblößte Knöchel waren das neue Dekolleté. Flanking, ein Mixwort aus flashing (aufblitzen) und ankle (Fußfessel), war 2016 ein Massenphänomen. Auch junge Männer zeigten oft Fessel (mankles, aus man und ankle), um besser teure Sneaker zu präsentieren.

Lieferdienst: Pizzataxi war gestern - App-gesteuerte Lieferdienste mit Fahrradkurieren, wie Foodora oder Deliveroo, schienen 2016 den Durchbruch zu erleben. Sie bringen auch Essen aus dem nahen (Lieblings-)Restaurant, das keinen eigenen Bringdienst hat.

Mannequin Challenge : Bei diesem 2016 populären Internet-Trend veröffentlichten die Teilnehmer Videos, auf denen sie wie in einem Standbild posierten. Wer niesen muss, hat ein Problem.

Milchgetränk: Nach dem hippen Matcha-Latte mit Grüntee kam jetzt angeblich die blaue Schlumpf-Latte - oder Smurf Latte auf Englisch. Die knallige Farbe kommt von Blaualgen namens Spirulina und soll besonders gesund sein. Weitere Zutaten der Kreation aus Melbourne: Ingwer, Zitronensaft, Agavendicksaft und Kokosmilch.

Nast , Michael: Generationenbücher scheinen in Deutschland unausrottbar. In diesem Jahr landete der Autor Michael Nast mit seiner Analyse des - nun ja - unbeständigen Liebeslebens moderner Großstädter einen Bestseller: "Generation Beziehungsunfähig".

Obsoloszenz , Geplante: Die angebliche Kurzlebigkeit der Elektrogeräte, mit denen wir uns umgeben, war beliebtes Smalltalkthema. Auch wenn eine Studie vom Umweltbundesamt zu dem Ergebnis kam, dass eine sogenannte geplante Obsoleszenz - also die gezielte Begrenzung der Lebenserwartung - nicht nachweisbar sei, bleibt bei vielen der Verdacht gegen die Industrie.

Pokemon   go : Das Smartphone-Spiel von Nintendo war im Sommer der Mega-Hype und wurde Hunderte Millionen Mal heruntergeladen. Die Spiele-App, mit der man virtuelle Monster in realer Umgebung fangen kann, löste Begeisterung aus - bei anderen nur Kopfschütteln.

Postfaktisch: Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) kürte diesen Begriff zum Wort des Jahres. Auch international taten dies die Oxford Dictionaries ("post-truth"). Es beschreibt das Phänomen, wenn die öffentliche Meinung weniger von Tatsachen als von Gefühlen und Ressentiments beeinflusst werde. In der Schweiz wurde "Filterblase" zum Wort des Jahres gekürt, in Österreich das lange "Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung".

Quarz, Rosenquarz: Der Roséton war neben Serenity (einem hellen Blau) die Trendfarbe des Jahres. Ein Mix beider Töne soll Männern und Frauen stehen und modische Geschlechtsunterschiede aufheben.

Quidditch : Der ganz große Harry-Potter-Boom ist zwar lange vorbei, aber die Sportart Quidditch soll erst noch im Kommen sein. Zumindest las man öfter von jungen Leuten, die das Spiel mit Bällen und Besen (die aber leider nicht fliegen) ernsthaft betreiben.

Resting   Bitch  Face: Der Begriff machte dieses Jahr Karriere und beschreibt das Phänomen, dass Leute so aussehen, als seien sie genervt oder verachteten ihre Mitmenschen, obwohl sie selber eigentlich von einem neutralen Gesichtsausdruck bei sich ausgehen.

Rückkehr nach Reims: Mit dem autobiografisch gefärbten Buch - das sieben Jahre nach dem Original ("Retour à Reims") auf Deutsch erschien - schrieb der französische Soziologe Didier Eribon eine vieldiskutierte Gesellschaftsanalyse: Es geht um die Ratlosigkeit linker Großstadtmenschen im Umgang mit rechts wählenden Provinzlern. Um die polarisierte Öffentlichkeit ging es auch im Essay "Gegen den Hass" der Friedenspreisträgerin Carolin Emcke.

Shapira , Shahak : neue Stimme in der Öffentlichkeit, die sich gegen Vorurteile jeglicher Art erhebt. Der in Berlin lebende Israeli wurde Anfang 2015 Opfer einer antisemitischen Attacke in der U-Bahn und schrieb 2016 ein Buch ("Das wird man ja wohl noch schreiben dürfen! Wie ich der deutscheste Jude der Welt wurde"). Die Botschaft: Rassismus sei immer dumm, egal gegen wen. Er wolle seine Opferrolle nicht für Hetze gegen Muslime benutzt sehen. Viel geklickt wurde seine Aktion "Der (ehrliche) AfD-Adventskalender".

Stars: Früher lösten Auftritte von Boybands, die die Plattenfirmen zu planen schienen, Ohnmachtsattacken und Kreisch-Alarm aus. In diesem Jahr schien sich der Trend zu verstärken, dass die Idole der Heranwachsenden aus dem Internet kommen. Für Aufsehen sorgten etwa abgebrochene Autogrammstunden von YouTube-Stars wie Bibi (Bianca Heinicke/"BibisBeautyPalace") oder Teenieschwarm Lukas Rieger. Apropos YouTube-Stars: der meistgeklickte war Julien Bam mit seiner Parodie des Songs "Everyday Saturday" von ApoRed.

Stranger Things: Selten bislang bediente ein Streamingdienst so zielgenau die Sehbedürfnisse einer nostalgischen Zielgruppe wie Netflix im Sommer mit dieser Serie, die eine Hommage ans große Mystery-Zeitalter mit Filmen wie "E.T." oder "Stand by me" ist. Nostalgisch war auch die Serie "The Crown" über die junge Queen, gewagt die Sky-Serie "The Young Pope" mit Jude Law als Papst.

Trampolinhallen: Hüpfen ist angesagt. In Deutschland öffneten auffällig viele Sprunghallen - auch für Erwachsene. Darin hüpfen Besucher nicht nur auf übergroßen Trampolinen, sondern spielen etwa auch Basketball oder Volleyball auf schwingendem Boden.

Ugly Christmas Sweater: Elegant und festlich sind sie nicht, trotzdem trugen spätestens auch in diesem Jahr in Deutschland immer mehr Menschen extra hässliche Weihnachtspullover.