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Hooligans im Jerichower Land „Wir dürfen nicht wegschauen“

Der Landesfußballverband soll endlich Konsequenzen ziehen, fordern Politiker. Es geht um den umstrittenen Verein FC Ostelbien Dornburg.

20.07.2015, 09:07

Burg (vs) l Über mögliche Ausschlussgründe für den Fußballclub Ostelbien Dornburg haben jetzt der Fußballverband Sachsen-Anhalt und der Landessportbund im Innenministerium diskutiert. „Wir sind dabei zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Ausschlussverfahren vorliegen“, sagt Erwin Bugar, Präsident des Landesfußballverbandes, gegenüber der Volksstimme.

Hintergrund: Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Auseinandersetzungen in Fußballspielen mit dem FC Ostelbien Dornburg. Die Gründungsmitglieder des Vereins gehören zur Blue White Street Elite (BWSE) um den Stresower Dennis Wesemann. Eine Hooligan-Gruppe, die im Jahr 2008 verboten wird, nachdem sie im Verfassungsschutzbericht erwähnt - und der rechten Szene zugeordnet - wurde. Der Ansatz des damaligen Innenministers Holger Hövelmann (SPD) war: Mitglieder sollen gemeinschaftlich Straftaten begangen haben. Die Verfügung wurde jedoch 2010 vom Oberverwaltungsgericht Magdeburg aufgehoben. Dennis Wesemann, Mitbegründer und führendes Mitglied der Gruppe, hatte erfolgreich geklagt. Die Hooligan-Gruppe sei als nicht existierende juristische Person nicht verbietbar, urteilten die Richter.

Den Stresower, der auch Mitglied des Ortschaftsrates ist, und zahlreiche Mitglieder des Fußballvereins hat der Verfassungschutz im Auge. Wesemann hat hingegen stets auf seine Unschuld verwiesen. Er sei nie verurteilt worden. Die Vorwürfe seien nicht zutreffend (Volksstimme berichtete wiederholt).

Im Juni haben nun vier Mitglieder des Paplitzer Fußballvereins gegen Spieler des FC Ostelbien Dornburg Strafanzeige erstattet. Nach Spiel-ende bekamen die Paplitzer in mehreren körperlichen Auseinandersetzungen den Frust der Dornburger zu spüren, die das Spiel um den Aufstieg verloren haben (Volksstimme, 23. Juni).

Dass der Fußball-Landesverband genauestens prüft, hat mit zwei Dingen zu tun: Sollte es ein Ausschlussverfahren geben, muss es Hand und Fuß haben, um rechtlich Bestand zu haben. Zudem würde der Ausschluss auch den Verein FC Ostelbien Dornburg möglicherweise in seiner Existenz bedrohen. Auch da müsste der Verband mit rechtlichem Widerstand rechnen.

Zu der Problematik haben die Landtagsabgeordneten Harry Czeke (Die Linke) und Sebastian Striegel (Bündnis 90/Die Grünen) gegenüber der Volksstimme Stellung genommen:

„In der Mitte der Gesellschaft wollen sie stehen, aber ausdrücken offensichtlich etwas ganz anderes. Sport in der Gemeinschaft darf nicht Anlass für politische Auseinandersetzungen werden“, betonte der Genthiner Linke-Politiker Czeke. „Der FC Ostelbien Dornburg hat mehrfach unter Beweis gestellt und das über Jahre, dass sie nicht gewillt sind, faires sportliches Verhalten an den Tag zu legen. Hier muss ich auch massiv Fritz Franke, Kreisfachverband Fußball, widersprechen. Fortlaufende, versteckte gewaltverherrlichende Bewerbung bei jedem Spiel und zur Krönung auch noch bei einer Einweihung eines Spielplatzes, tragen nicht dazu bei, hier zu sagen: ‚Sie wollen doch nur Fußball spielen‘ und sie sollen in Ruhe gelassen werden.“

Czeke hält das für Verharmlosung. „Ich erwarte vom Landesverband Fußball ein noch energischeres Eingreifen, nach dieser Serie von ‚Pannen‘.“

Der Linkspolitiker sieht gefährliche Parallelen zum Ende der Weimarer Republik. „Auch in Deutschland ab 1929 waren Opfer Ausländer, meist Jüdinnen und Juden, dann Theologen, Kommunisten, Sozialdemokraten oder Menschen anderer Hautfarbe, Weltanschauung oder Religion! ‚Der Schoß ist noch fruchtbar!‘ – Wir dürfen nicht wegschauen und dies schweigend hinnehmen bzw. tolerieren!“.

„Der Fußballverband Sachsen-Anhalt muss beim FC Ostelbien Dornburg endlich einschreiten“, fordert der Bündnisgrüne Striegel. „Nach wiederholten Gewalttaten von Spielern muss er dem Verein die Spielerlaubnis entziehen.“

Striegel nimmt Medienberichte ernst, nachdem „mindestens zehn der Gründungsmitglieder und Spieler polizeibekannte Neonazis“ seien und sich ein Teil seiner Mitgliedschaft aus der rechten Hooligan-Gruppierung ,Blue White Street Elite‘ rekrutiert.

„Nach den erneuten und gut dokumentierten Gewalttaten und Drohungen von Spielern des FC Ostelbien Dornburg muss der Fußballverband endlich Konsequenzen ziehen. Das Wegschauen auf höchster Ebene muss ein Ende haben“, fordert Striegel. „Der Fußballsport darf kein Ort sein, an dem Menschen angegriffen und von Nazis gedemütigt werden.“