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Internetbetrug Verkäufer ohne Ware

Ein Paar hat auf im Internet viel Hochwertiges feil geboten. Im Gesamtwert von fast 20 000 Euro. Jetzt stehen die beiden Möckeraner vor Gericht.

Von Franziska Ellrich 14.10.2015, 15:00

Möckern/Stendal l Ein echtes Schnäppchen schlagen, will Thomas V.*, als er bei Ebay-Kleinanzeigen vor zwei Jahren ein iPad entdeckt. 500 Euro soll der Tabletcomputer im Internet kosten. 300 Euro überweist Thomas V. als Anzahlung. Sein iPad hat er bis heute nicht gesehen. Vergangene Woche sitzt der Betriebswirt deswegen als Zeuge vor dem Stendaler Landgericht.

Auf der Anklagebank sitzen eine 26-Jährige und ein 32-Jähriger aus Möckern. 17 000 Euro sollen Melanie W.* und Kevin R.* kassiert haben. Für Waren, die sie im Internet angeboten, aber nie geliefert haben. Und das in mehr als 50 Fällen.

Im Fall von Thomas V. soll das folgendermaßen abgelaufen sein: Er bestätigt online den Kauf des Tabletcomputers und fragt bei der Verkäuferin nach, ob auch die sichere Zahlungsmethode Paypal möglich ist. Die Verkäuferin verneint. Thomas V. schlägt vor, 300 Euro anzuzahlen und nach der Lieferung des Gerätes die restlichen 200 Euro.

Als das iPad Tage später noch nicht bei ihm eintrifft, hakt der Zeuge per Mail nach: Was ist da los? Die Antwort: Thomas V. solle doch bitte den gesamten Betrag überweisen. Dem heute 28-Jährigen ist das zu unsicher, er will sein Geld zurück. Mit dieser Forderung endet der Mailkontakt. Eine Anzeige bei der Polizei folgt.

„Haben Sie die Bewertungen des Verkäufers vorher gelesen?“, will der Vorsitzende Richter am Landgericht von dem Zeugen wissen. Denn auf den meisten Internetplattformen ist es möglich, dass Käufer im Nachhinein kommentieren, ob alles geklappt hat und dem Verkäufer eine Bewertung geben. Leider hatte sich Thomas V. diese nicht angesehen. „Das iPad war als neu angegeben und hatte so einen verlockenden Preis“, begründet der Zeuge seinen Kauf.

Der Richter macht Thomas V. aufmerksam: „Ein verlockender Preis ist auch immer gepaart mit einem Risiko, Geld zu verlieren, das weiß ja eigentlich jeder.“ Der Betriebswirt hat seitdem nie wieder bei Ebay gekauft.

Dass die Angeklagte nicht zum ersten Mal wegen Betrugs vor Gericht sitzt, geht aus einem Urteil des Burger Amtsgerichts vom März 2012 hervor. Für Melanie W. gab es damals eine Geldstrafe. Sie hatte eine Frontstoßstange und eine Motorhaube für einen Opel bei Ebay angeboten, für rund 130 Euro verkauft und nie geliefert. Und genau so kam auch ein Musikplayer im Wert von fast 90 Euro nie bei seinem Käufer an. Damals machte Melanie W. noch mit Kevin R. gemeinsame Sache. Sie waren ein Paar. Vergangene Woche würdigen sie sich im Gerichtssaal keines Blickes mehr.

Als die zweite Zeugin den Saal betritt, ist ihre Wut noch immer zu spüren. Auf die Frage des Richters, ob sie jemals geschäftlichen Kontakt zu einem der Angeklagten hatte, kommt die Antwort prompt: „Wenn man das so nennen mag.“ Einen Sattel im Wert von 500 Euro hat die Pferdeliebhaberin von der Angeklagten Melanie W. gekauft. Nachdem das Geld an den zweiten Angeklagten Kevin R. überwiesen ist, gibt es keinen Kontakt mehr.

Die Zeugin recherchiert danach im Internet und findet beim Portal Ebay-Kleinanzeigen den gleichen Sattel noch mal. Nur ist der Verkäufer ein anderer, die Angeklagte hat Fotos und Angaben einfach gefälscht. Als die 33-Jährige die Bewertung der Verkäuferin liest, ein Schock: „Alle Bewertungen waren schlecht, man soll da ja nichts bestellen“, findet die Zeugin heraus. Zu spät.

Übers Telefonbuch und das Internet-Netzwerk Facebook macht die Betroffene dann Angehörige ausfindig. „Alle wussten von den Betrügereien und haben mir nur viel Glück gewünscht.“ Daraufhin tut die Zeugin sich mit anderen Betroffenen zusammen. „Wir haben immer wieder gedroht, persönlich vorbei zu kommen und unser Geld abzuholen“, erklärt die Zeugin vorm Landgericht. Erst habe die Angeklagte behauptet, das Geld sei bereits ausgegeben. Dann vier Wochen später überweist sie es endlich der Zeugin zurück. So viel Glück hatten die anderen dutzenden betrogenen Online-Käufer nicht.

 

*Name von der Redaktion geändert