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Gefängnis Illegale Drogen hinter Gittern

Wie kommen Marihuana, Haschisch und Ecstasy in die Justizvollzugsanstalt?

Von Franziska Ellrich 29.01.2016, 14:55

Burg/Magdeburg l Ein Burger Insasse besorgte sich die Drogen während einer Besuchszeit. Kein Einzelfall. Sechs Monate zusätzliche Haft gab es dafür vom Richter. Die Volksstimme fragte im Justizministerium nach, wieso immer wieder illegale Drogen ins Gefängnis gelangen. In einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen fliegt ein mit 100 Gramm Haschisch gefüllter Tennisball über die Gefängnismauern. Auf dem Bremer Gefängnishof landete erst vor wenigen Tagen eine Drohne mit Drogen an Bord. Getarnt als Anwaltspost, die nicht geöffnet werden darf, flatterten per Brief Drogen in die Gefängniszellen der JVA Rheinbach (auch Nordrhein-Westfalen).

Und ein Angeklagter aus der JVA Burg, der mittlerweile wieder auf freiem Fuß ist, ließ sich im Februar 2014 während einer Besuchszeit jede Menge illegale Drogen mit in die Haftanstalt bringen. Dafür wurde er vor dem Burger Amtsgericht zu weiteren sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Doch der Angeklagte ging dagegen in Berufung. Jetzt fiel die zweite Entscheidung vor dem Stendaler Landgericht: „Das Rechtsmittel ist verworfen worden. Damit bleibt es bei der Strafe aus dem Urteil des Burger Amtsgerichtes“, erklärte Landgerichtssprecher Michael Steenbuck gegenüber der Volksstimme.

Erst kürzlich saß ein junger Mann aus Schönebeck wegen mehrerer Raubüberfälle, um Geld für seinen Drogenkonsum zu erbeuten, auf der Anklagebank. Als ein Gutachter in dem Prozess vorm Magdeburger Landgericht betonte: „Ich rate davon ab, den Beschuldigten hinter Gitter in die Justizvollzugsanstalt Burg zu schicken.“ Ein Drogenentzug sei aus seinen Erfahrungen dort nur sehr schwer zu realisieren. „Es ist kein Problem, sich Drogen dort zu beschaffen“, erklärte der Gutachter gegenüber dem Vorsitzenden Richter. Und schlug vor, den Angeklagten stattdessen in eine Entzugsklinik einzuweisen.

Doch warum ist es so einfach, den Konsum illegaler Drogen im Gefängnis fortzusetzen? Sollte eine Haftstrafe nicht einen Neustart im Einklang des Gesetzes zum Ziel haben? Fragen, die die Volksstimme den Verantwortlichen im Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt stellt.

Ministeriumssprecherin Ute Albersmann macht deutlich, dass ein „hermetisch abgeschlossener Vollzug ohne jeden Kontakt zur Außenwelt“ schon allein aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erlaubt ist.

Ute Albersmann spricht von einem „engmaschigen Kontrollnetz“ in den Justizvollzugsanstalten des Landes, welches verhindern soll, das Drogen in die Anstalten gelangen. Seit Ende 2014 werden sogar zusätzlich „justizeigene Spürhunde erfolgreich eingesetzt“.

Aus dem Ministerium heißt es aber auch: „Trotz vielfältiger Maßnahmen kann das Einschmuggeln von Drogen aber nicht gänzlich verhindert werden.“ Ein Grund dafür: Der Kontakt zur Außenwelt ist wichtiger Teil eines modernen Justizvollzugs, der sich an den Grundsätzen der Menschenwürde orientiert - und vor allem auf eine Resozialisierung der Gefangenen abzielt. Das heißt, jeder Täter, der hinter Gitter muss, soll wieder Teil der Gesellschaft und eingebunden sein.

Auf die Frage, wie denn die Drogen genau in das Gefängnis gelangen, nennt die Sprecherin auch die Übergabe bei Besuchen von Angehörigen oder Freunden - genau wie im Fall des Burger Verurteilten. Doch das Einschmuggeln werde noch auf ganz anderen Wegen versucht: Überwürfe über die Anstaltsmauern, Verstecke in Post- und Paketsendungen oder durch Lieferanten.

Wie werden abhängige Insassen beim Verzicht auf Drogen unterstützt? Wer hilft bei Entzugserscheinungen? Am Beispiel der JVA Burg: Dort gibt es Ute Albersmann zufolge ein spezielles Betreuungs- und Behandlungsangebot für suchtgefährdete und suchtmittelabhängige Gefangene. Dazu gehören Selbsthilfegruppen ebenso wie Motivations- und Therapievorbereitungsgruppen.

Die Suchtberatung ziele darauf ab, die betroffenen Gefangenen auf eine Therapie außerhalb der JVA vorzubereiten, erklärt Sprecherin Albersmann. Doch auch schon bereits während der Haftzeit „wird der Gefangene in stationäre und ambulante Suchtbehandlungsmaßnahmen übermittelt“.

Der Ablauf für die Gefangenen: Gleich bei der Aufnahme in der JVA gibt es Infos über die speziellen Behandlungsangebote. Dann wird im Rahmen einer individuellen Diagnose der Grad der Abhängigkeit eingeschätzt. Zudem spielen die möglichen Ursachen für die Drogenabhängigkeit eine wichtige Rolle. Für jeden Häftling wird daraufhin ein Vollzugs- und Eingliederungsplan mit den nötigen Maßnahmen festgeschrieben. Sollten eine Substitutionsbehandlung oder Medikamente erforderlich sein - also braucht der Abhängige einen Ersatzstoff - werde dies durch den Anstaltsarzt durchgeführt, erklärt Ute Albersmann.