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Finzelberg-Prozess Zwei Richter im Zeugenstand

Nächste Runde im Prozess um Bestechung und Bestechlichkeit: Zwei Richter sagen als Zeugen aus.

Von Andreas Mangiras 01.03.2016, 12:42

Magdeburg/Möckern l Mit zwei Richtern im Zeugenstand wurde am Montag der Prozess um Bestechlichkeit und Bestechung gegen den früheren Landrat Lothar Finzelberg und zwei frühere Gesellschafter der inzwischen insolventen Tongruben-Betreiberfirma Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern fortgesetzt. Wie sehen die beiden als Zeugen vorgeladenen Richter den für den Prozess wichtigen und vorbestraften Zeugen Uwe S.? Hatten sie Kenntnis und wann von etwaigen Absprachen um ein geringeres Strafmaß für Uwe S., gegen den in verschiedenen Verfahren unter anderem wegen Brandstiftung und Subventionsbetruges prozessiert wurde? Hatte das Einfluss auf ihre eigenen Prozesse? Das wollten der Vorsitzende Richter Gerhard Köneke an der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Magdeburg und die Verteidiger der drei Angeklagten, Ex-Landrat Lothar Finzelberg, sowie zwei frühere Gesellschafter der insolventen Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern, Edgar E. und Siegfried K., wissen.

Erster Zeuge war ein Richter am Landgericht Stendal, der gegen Uwe S. im Zusammenhang mit Straftaten um ein Burger Autohaus als Beisitzer mitverhandelt hatte. Er räumte ein, dass es einen Anstoß seitens des Gerichtes an Staatswaltschaft und Verteidigung gegeben habe, mehrere Prozesse gegen Uwe S. in einem Urteil zusammenzufassen. Vorschlag des Gerichtes: Wenn Uwe S. geständig sei, könnte er mit 7,5 bis 8 Jahren rechnen. Ohne Geständnis würden es 8 bis 9 Jahre werden. Der Zeuge konnte nicht erklären, warum Uwe S. später nur zu sieben Jahren verurteilt worden sei. Trotz hoher Schadenssummen waren 25 weitere Anklagepunkte per „Deal“ fallen gelassen worden.

Ein Ermittlungsrichter am Amtsgericht Burg wurde zu einer Vernehmung von Uwe S. im März 2011 befragt. Uwe S., der zu dieser Zeit in der JVA Burg einsaß, hatte kurz vor der Vernehmung seinem Anwalt das Misstrauen ausgesprochen und sich dann ohne Anwalt vom Ermittlungsrichter vernehmen lassen. „Das hat mich schon überrascht“, so der Zeuge. „Aber er wollte reden, auch ohne Anwalt.“ Uwe S. charakterisierte er als „gesegnet mit einer unglaublichen Schläue“ und „hemdsärmelig“.

Der Zeuge wies zurück, dass etwaige Kenntnisse um Uwe S. Einfluss auf eigene Verfahren etwa um die uneidliche Falschaussage von Landrat Finzelberg im Tongruben-Landtagsausschuss gehabt hätten. Dass Uwe S. später schon nach der Hälfte der Haftzeit vorzeitig entlassen worden war, bezeichnete der Zeuge als bisher einmaligen Vorgang in seiner eigenen Praxis seit 2009.

Die heute insolvente Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern betrieb bis zum Jahr 2008 die Tongruben Möckern und Vehlitz, in denen Hunderttausende Tonnen Hausmüll illegal eingelagert worden sind. Im Zuge dessen sollen Bestechungsgelder (mindestens 260 000 Euro) an den damaligen Landrat Finzelberg geflossen sein.

Kronzeuge ist ein früherer Geschäftsmann aus Genthin, Uwe S., der wegen zahlreicher Straftaten um Brandstiftung und Subventionsbetrug zu einer hohen Haftstrafe verurteilt wurde. Uwe S. ist inzwischen aber wieder auf freien Fuß. Aufgrund seiner belastenden Aussagen musste der mehrfach verurteilte Uwe S. nur knapp über die Hälfte der Haftstrafe von anfangs sieben Jahren absitzen. Die Verteidigung hält ihn unter anderem aufgrund dieses Deals für unglaubwürdig.

Im Gegenzug für Geldzahlungen soll Finzelberg, der die Vorwürfe bestreitet, Einfluss auf Genehmigungen im Zusammenhang mit den Tongruben genommen haben.

Am 7. März wird Uwe S. erneut vor Gericht befragt.

In einer Stellungnahme wies Oberstaatsanwältin Verena Borstell einen Antrag der Verteidigung zurück, die es für nötig erachtet, weitere Unterlagen aus dem Landesbergamt für den Prozess einsehen zu wollen. Borstell bezeichnet das Vorgehen als Prozessverzögerung. Die Verteidigung habe bisher nicht einmal die bereits zur Einsichtnahme bei Gericht vorliegenden Akten eingesehen. Zugleich machte sie deutlich, dass es bei der Bewertung des Handelns von Landrat Lothar Finzelberg um die Arbeit der Kreisverwaltung als Untere Umwelt- und Abfallbehörde ging. Es sei zu bewerten, ob er hier Einfluss auf Verfahren zugunsten von Genehmigungen für Anlagen in Möckern, Vehlitz und Rietzel genommen habe, weil er Geldzahlungen erhalten habe.