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Finzelberg-Prozess Müll aus Italien nach Möckern und Vehlitz

Um die Glaubwürdigkeit von Zeugen geht es aktuell im Finzelberg-Prozess um Bestechung und Bestechlichkeit.

Von Andreas Mangiras 15.03.2016, 11:26

Burg/Magdeburg l Müll aus Italien für die Verfüllung der Tongruben in Möckern und Vehlitz? Darum ging es unter anderem am 18. Verhandlungstag am Montag im Prozess um mögliche Bestechung und Bestechlichkeit gegen Ex-Landrat Lothar Finzelberg sowie zwei frühere Gesellschafter der insolventen Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern, Edgar E. und Siegfried K.

Bevor mehrere Zeugen befragt wurden, stellte die Finzelberg-Verteidigung mehrere Anträge, neue Zeugen zu hören. Sie sollen dafür sorgen, die Glaubwürdigkeit bisheriger Zeugen und deren Aussagen zu überprüfen. Dort, wo Zeugen den Beschuldigten belasten, soll deren Glaubwürdigkeit in Frage gestellt werden.

Ein Antrag zielt auf einen früheren Ziegelei-Gesellschafter Frank W. Der Geschäftsmann aus Hamburg soll in der Hauptverhandlung verschwiegen haben, mit einem Freund des im Prozess als Kronzeugen gehandelten vorbestraften Genthiner Geschäftsmann Uwe S. nur bekannt gewesen zu sein.

Finzelberg-Anwalt Andreas Meschkat beantragte die Vorladung dieses Freundes, ein Geschäftsmann aus Burg. W. soll demnach mit ihm mehr als nur bekannt gewesen sein. Es soll eine geschäftliche Beziehung bestanden haben, die per Handschlag abgeschlossen worden sei. Diese Vereinbarung sei wichtig gewesen, um die Sporkenbach Ziegelei GmbH in wirtschaftliches Fahrwasser zu bekommen, hieß es.

Meschkat kündigte an, dass der Unternehmer diese Vereinbarung bezeugen werde.

Worum geht es dabei? Der Burger Geschäftsmann wollte organisieren, dass der Müll aus 37 Kommunen in Italien nach Möckern und Vehlitz gebracht und eingelagert würde. Im Gegenzug sollte der Geschäftsmann als Honorar 20 Prozent Anteile an der Holding in Luxemburg, 20 Prozent Gesellschafteranteile an der Sporkenbach Ziegelei GmbH Möckern sowie 33 Prozent Anteile an einem Sauna-Club in Theeßen erhalten.

Seit Oktober müssen sich Finzelberg und zwei ehemalige Tongrubenbetreiber vor Gericht verantworten. Bis zum Jahr 2008 wurden in den Gruben in Möckern und Vehlitz Hunderttausende Tonnen Hausmüll illegal eingelagert. Dabei sollen Bestechungsgelder (mindestens 260 000 Euro) an Finzelberg geflossen sein. Im Gegenzug soll der Ex-Landrat, der die Vorwürfe bestreitet, Einfluss auf Genehmigungen im Zusammenhang mit den Tongruben genommen haben.

Kronzeuge ist ein früherer Geschäftsmann aus Genthin, Uwe S., der wegen zahlreicher Straftaten um Brandstiftung und Subventionsbetrug zu einer hohen Haftstrafe verurteilt wurde. Uwe S. ist inzwischen aber wieder auf freien Fuß. Aufgrund seiner belastenden Aussagen musste der mehrfach verurteilte Uwe S. nur knapp über die Hälfte der Haftstrafe von anfangs sieben Jahren absitzen. Die Verteidigung hält ihn unter anderem aufgrund dieses Deals für unglaubwürdig.

Vorerst nichts konnte und wollte ein weiterer Zeuge in der Befragung am Montag beitragen. Gerhard Köneke, Vorsitzender Richter, drohte Stefan E., früherer Geschäftsmann aus Genthin, sogar Beugehaft an, um ihn zum Reden zu bringen. Zwei Sicherheitskräfte wurden in den VerHandlungssaal beordert. „Die Hauptverhandlung wird unter einer gewissen Sicherung fortgesetzt“, erklärte Köneke.

Stefan E., der ohne Anwalt gekommen war, begründete sein Schweigen mit Unterlassungserklärungen und Gerichtsurteilen. So ist ihm seit Sommer 2012 oberlandesgerichtlich unter anderem untersagt, zu behaupten, er wäre Zeuge gewesen, wie der Geschäftsmann Uwe S. in einem Umschlag 60 000 Euro Bestechungsgelder in einem Auto an den damaligen Landrat Finzelberg übergeben hätte.

Zeuge S. machte deutlich, dass er durchaus Kenntnisse habe, die einiges Licht in das Dunkel des Falles bringen könnte. Er werde seinen Anwalt von damals von der Schweigepflicht befreien, außer zu Dingen, die ihn selbst belasten können. Er kritisierte scharf die Staatsanwaltschaft, die aus seiner Sicht eine Vereinbarung gebrochen habe, zum Beispiel Vertraulichkeit über Aussagen seinerseits in einem anderen Verfahren, aber mit den gleichen Beteiligten zu wahren. Außerdem hatte er Straffreiheit gefordert, wenn Aussagen ihn selbst belasten würden.

Hellhörig wurde der Saal, als S. erklärte, dass er bereits im Jahr 2009 davon gewusst haben will, dass die Landesregierung mit dem Veolia-Konzern über eine Kostenbeteiligung an der Sanierung der Tongruben verhandeln wolle. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Veolia sich mit einem einstelligen Millionen-Betrag beteiligen werde (Volksstimme berichtete).

Weil der Montag mit Zeugen Stefan E. nicht viel brachte, will Richter Köneke ihn im Juni noch einmal befragen. Er soll dann seinen Rechtsbeistand mitbringen.