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Gefangenenlager Ersatz für fehlende Gräber

71 Jahre nach Kriegsende wurde in Altengrabow der Weltkriegstoten und der ums Leben gekommenen Kriegsgefangenen gedacht.

Von Bettina Schütze 09.05.2016, 10:00

Dörnitz/Altengrabow l Im Namen des Fördervereins „Mahnmal Kriegsgefangenenlagers Stalag XI-A Altengrabow“ begrüßte der Vorsitzende Dirk Grill die Gäste zur mittlerweile zehnten Gedenkfeier. Mit dabei waren unter anderem der Leiter der Gedenkstätte „Feldscheune Isenschnibbe“ Gardelegen, Andreas Froese-Karow, der auch die Festrede hielt, und der Vertreter der Botschaft der Russischen Förderation, Denis Podrezow.

Der Förderverein sieht sich der Aufgabe des Leitbildes der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, dass Gedenkstätten als Erinnerungsorte die Möglichkeit bieten, mittels historisch-politischer Kontextualisierung eine eigenständige Deutung vergangener Geschehnisse vornehmen können, verpflichtet. Auch wenn das Mahnmal in Dörnitz/Altengrabow nicht zu den Gedenkstätten der Stiftung gehört. Dirk Grill: „Wir möchten den Angehörigen der Opfer einen Ort der Trauer und des Gedenkens geben, auch wenn wir dafür keinen geschützten Raum bieten können.“

Mehrere Angehörige ehemaliger Kriegsgefangener aus Belgien, Frankreich und Großbritannien haben in diesem Jahr bereits beim Förderverein nachgefragt, um den Gedenkort besuchen zu können. Einige von ihnen stellten dem Förderverein Dokumente zur Verfügung, die persönliche Schicksale näher beleuchten und das Geschehen im Lager aus der Anonymität holen.

Der Förderverein möchte, sagte Dirk Grill, die heute Lebenden und insbesondere die Jugend in einer zeitgemäßen Form über die Menschenverachtung des Systems der Kriegsgefangenenlager aufklären. Dazu sei es notwendig, neue Wege zu gehen, die Erinnerung und die Aufklärung über das Geschehene zu den Menschen zu bringen. Eine Möglichkeit ist eine Ausstellung.

Der Förderverein nutzte die Gedenkfeier, um den Vertrag zur Gestaltung der Ausstellung zur Geschichte des Stalag XI-A mit dem Grafiker Karl Groß aus Riesdorf zu unterzeichnen. Auf der Grundlage der Forschungen von Dr. Paul Kannmann werden zehn Aufsteller gestaltet. „Die Finanzierung ist zum größten Teil gesichert. Es werden aber dringend weitere Sponsoren und Förderer für die geplante Erweiterung der Ausstellung um zwei Tafeln und vor allem für den Erhalt des Mahnmals gesucht“, so der Fördervereinsvorsitzende. Mit dieser mobilen Ausstellung werde ein weiteres wichtiges Projekt der Erinnerungskultur in Sachsen-Anhalt auf den Weg gebracht. Die erste Präsentation ist für Ende des Jahres im Landtag von Sachsen-Anhalt geplant.

In seiner Festrede machte Andreas Froese-Karow deutlich, dass „Spuren von Stalag XI-A auch in der Altmark zu finden sind“. Er, der als Historiker zu den Gästen sprach, führte eine Episode aus, die zeigte, wieviel Angehörigen Erinnerung bedeutet. Vor zwei Jahren hatte er in Berlin Petra de Blasi aus Italien getroffen. Ihr Vater und Onkel waren in Altengrabow inhaftiert und kehrten 1945 nach Italien zurück. Andreas Froese-Karow: „Petra de Blasi stand vor zwei Jahren hier vor diesem Mahnmal. Und es bedeutete ihr viel.“ Erinnerungsstätten, so der Gedenkstättenleiter weiter, seien auch ein individueller Ersatz für fehlende Grabstätten. Die Erinnerungen dürften sich aber nicht auf Steinbauten begrenzen.

Denis Podrezow überbrachte in deutscher Sprache eine Grußbotschaft.

Für die musikalische Umrahmung der etwas anderen Art sorgte in diesem Jahr Jörg Deumelandt aus Drewitz. Sich selbst auf der Gitarre begleitend, trug er Titel der Liedermacher Gundermann und Hannes Wader vor. Er war kurzfristig eingesprungen.

Mit der Ehrung der Opfer des Kriegsgefangenenlagers Stalag XI-A Altengrabow und einer Kranzniederlegung endete die zehnte Gedenkfeier am Mahnmal in Dörnitz/Altengrabow.