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Gesetzesänderung Feuerwehrmann - jetzt bis 67

Feuerwehrmann mit 67? Aktuell wechseln unsere Brandbekämpfer im Jerichower Land mit 65 Jahren in die Altersabteilung. Das soll sich ändern.

Von Falk Heidel 04.01.2017, 10:00

Burg/Biederitz/Genthin l Unsere Feuerwehrleute im Jerichower Land diskutieren aktuell um eine Novelle des Brandschutzgesetzes, die dem Landtag zum Beschluss vorliegt. 1600 Männer und Frauen befinden sich im aktiven Dienst. Die Änderung: Wer möchte, darf dann bis 67 Jahre im Brandeinsatz sein. Und sogar noch länger, wenn jährlich ein ärztliches Attest vorliegt. Positiv ist, dass bei der Lohnfortzahlung jetzt auch die Regenerationszeiten angerechnet werden. Unter den Wehr-Mitgliedern schwanken die Meinungen zwischen Zustimmung und Ablehnung. Volksstimme hat sich unter den Führungskräften umgehört.

Für Kreisbrandmeister Walter Metscher (61) aus Biederitz überwiegen die Vorteile der Gesetzesänderung: „Es ist ja auch der Wunsch von etlichen aktiven Kameraden, die sich noch fit und gesund fühlen. Warum sollen sich diese Menschen nicht einbringen dürfen? Zumal auch für den Arbeitsmarkt über eine Anhebung des Rentenalters von 67 auf 70 Jahre diskutiert wird. Ganz wichtig ist das Prinzip der Freiwilligkeit – niemand muss länger im aktiven Dienst bleiben. Es betrifft ja auch keine große Masse der älteren Kameraden, sondern einen kleinen Teil, dessen Angebot ich gerne in Anspruch nehme. Denn Aufgaben gibt es genug bei der Feuerwehr. Allerdings ist auch klar, dass wir mit dieser Neuerung das Personalproblem unserer Feuerwehren nicht beheben. Wir sind nicht das erste Bundesland, das die höhere Altersgrenze einführt.“

Elbe-Pareys stellvertretender Gemeindewehrleiter Steve Flügge gehört nicht zu den Freunden der Gesetzesänderung: „Ich möchte nicht der Einsatzleiter sein, wenn einem älteren Kamerad nach dem Alarm etwas passiert. Ein Beispiel haben wir ja grade in Baden-Württemberg erlebt, als ein 60-Jähriger Maschinist im Einsatz einen Herzstillstand erlitt. Ein 66-jähriger Feuerwehrmann sollte nicht mit Atemschutzausrüstung in ein brennendes Haus stürmen müssen. Dafür gibt es genug junge Leute. Viel besser sind die erfahrenen Kameraden in den anderen Bereichen aufgehoben – beispielsweise bei der Ausbildung, bei rückwärtigen Diensten oder für technische Aufgaben. Die Landesregierung wäre gut beraten, wenn sie die Mitgliedschaft in den Wehren für junge Leute attraktiver macht. Vielleicht mit zusätzlichen Rentenpunkten pro Dienstjahr. Ein anderer Punkt funktioniert bei uns in Elbe-Parey schon sehr gut: Auf dem Bauhof der Gemeinde sind viele Feuerwehrleute beschäftigt.“

Genthins Stadtwehrleiter Achim Schmechtig (59) gehört ebenfalls zu den Kritikern einer Aufstockung der Altersgrenze: „Dieser Gesetzesentwurf ist nicht nachhaltig, verschafft lediglich eine kleine Atempause. Nicht ohne Grund gehen die Kameraden aus den Berufsfeuerwehren mit 60 Jahren in Pension, die freiwilligen sollen sich aber noch sieben Jahre länger aufreiben – das passt nicht zusammen. Ich kann und will mir nicht vorstellen, wie ein 67-Jähriger mit schwerem Atemschutz in eine brennende Wohnung stürmt. Schließlich haben wir auch eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Einsatzkräften. Unser Job ist stressig und risikobehaftet. Über die Jahre kommen die Kameraden im Laufe ihrer Karriere in den größeren Wehren auf 2000 bis 3000 Einsätze. Damit muss es auch genug sein. Sachsen-Anhalt gehört neben Schleswig Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zu den Ausnahmen bei den langen Dienstzeiten. In den anderen Bundesländern ist mit 60 beziehungsweise 63 Jahren Schluss. Übrigens kenne ich mehrere Beispiele von Wehrangehörigen, die bereits vorfristig um die Versetzung in die Altersabteilung bitten. Das Hochsetzen der Altersgrenze bringt keine Abhilfe, sondern verlagert das Problem in die andere Richtung. Uns kommen die gut ausgebildeten und leistungsfähigen Einsatzkräfte abhanden, weil ihr Arbeitsort nicht ihr Wohnort ist. Die Wehren der Stadt Genthin haben seit 2009 insgesamt 13 gute Leute im besten Alter verloren, weil sie der Arbeit wegen weggezogen sind. Die Landesregierung hätte andere Möglichkeiten, den Wegzug zu stoppen – indem sie es zum Beispiel für Arbeitgeber attraktiver macht, Feuerwehrleute zu beschäftigen. Eventuell mit steuerlichen Anreizen.“

27 Ortswehren gehören zu Möckerns Stadtfeuerwehr, die von Torsten Quandt (55) geführt wird. Er sieht einige Vorteile bei der Integration von älteren Einsatzkräften: „Warum soll eine Führungskraft nicht auch mit 67 Jahren die Anforderungen erfüllen? Wir sind gut beraten, wenn wir die Erfahrungen und die gute Ausbildung solcher Leute nutzen. Auch wegen der Altersgrenze gibt es in den kommenden Jahren bei vier, fünf Ortswehren das Problem, die Wehrleiterpositionen zu besetzen. Es schadet niemanden, wenn die älteren Kameraden bei den Einsätzen mit anpacken, zum Beispiel als Maschinisten. Gleiches gilt für die Ausbildung. In Anspruch genommen hatten wir die Dienste von Pensionären auch bei den Hochwassern 2009 und 2013. Uns war in den Krisensituationen gut geholfen, dass unter anderem die Einsatztagebücher durch die Kameraden korrekt und kompetent geführt wurden.“

Christian Fischer ist Sprecher von Innenminister Holger Stahlknecht. Er begründet die Gesetzesnovelle so: „Der demografische Wandel und die Haushaltslage von Land und Kommunen wirken sich auch auf unsere Feuerwehren aus. In der vergangenen Legislaturperiode hat das Ministerium für Inneres mit dem Projekt Feuerwehr 2020 das Ziel verfolgt, für die Zukunft ein leistungsstarkes und modern ausgerichtetes Hilfeleistungssystem aufrecht zu erhalten. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem folgende Änderungen vor: Innerhalb von Ortsfeuerwehren können in Zukunft unselbstständige Standorte gebildet werden. Die Zustimmungspflicht des Ministeriums zur Auflösung und Zusammenlegung von Feuerwehren bleibt bestehen. Die Altersgrenze für Mitglieder der Einsatzabteilung wird auf 67 Jahre erhöht. Darüber hinausgehende Ausnahmen sind ebenfalls möglich, bedürfen des jährlichen Nachweises der gesundheitlichen Eignung. Zu den Anspruchszeiten auf Lohnfortzahlung gehören künftig die Regenerationszeiten nach Einsätzen zur Wiederherstellung der Arbeits- oder Dienstfähigkeit. Das neue Brandschutzgesetz ermöglicht es Kommunen, Feuerwehrangehörige bevorzugt einzustellen.“